Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens mehrere Antragsgegner jeweils für unterschiedliche Mängel an verschiedenen Gewerken in Anspruch genommen werden sollen. Eine Gleichartigkeit der Ansprüche im Sinne des § 60 ZPO lässt sich nicht allein daraus ableiten, dass die Gewerke dasselbe Bauvorhaben betreffen.
2. Die Zulässigkeit der Streitgenossenschaft zwischen einzelnen Antragsgegnern rechtfertigt eine Gerichtsstandsbestimmung unter Einbeziehung sämtlicher Antragsgegner nicht.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 9 OH 4951/22) |
Tenor
Der Antrag auf Bestimmung des (örtlich) zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt, das örtlich zuständige Gericht für ein beim Landgericht Nürnberg-Fürth bereits eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren gegen die Antragsgegner zu bestimmen.
Die Antragstellerin trägt vor, sie habe mit der ehemaligen Antragsgegnerin zu 1) einen Generalübernehmervertrag zur Errichtung eines Hotels in 70771 Leinfelden-Echterdingen geschlossen. Die Antragsgegner zu 2) bis 16) seien von der Antragsgegnerin zu 1) beauftragte Subunternehmer im Rahmen dieses Bauvorhabens. Die Antragsgegnerin zu 17) habe sich gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) für Gewährleistungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 2) verbürgt. In § 15 Abs. 3 der Bauverträge zwischen der ehemaligen Antragsgegnerin zu 1) und den Antragsgegnern zu 2), 4), 5), 7), 8), 9) 10) und 16) sei als ausschließlicher Gerichtsstand jeweils Frankfurt am Main vereinbart. Die Antragstellerin habe sich sämtliche im Rahmen der Durchführung des Gesamtbauvorhabens erwachsenen Ansprüche der ehemaligen Antragsgegnerin zu 1) gegen die Antragsgegner zu 2) bis 17) auf Erbringung der vertraglichen Primär- und Sekundärpflichten abtreten lassen.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2022 habe die Antragstellerin beim Landgericht Nürnberg-Fürth einen Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegner zu 1) bis 17) eingereicht. Es gehe um die Feststellung von Mängeln des im Rahmen des Bauvorhabens errichteten Hotels in Leinfelden-Echterdingen, um die Ursachen der Mängel sowie um die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen und Kosten. Die Verantwortlichkeiten der einzelnen an der Bauausführung Beteiligten für die Mängel ergäben sich aus der der Antragsschrift als Anlage ASt 12 beigefügten Übersicht. Die Anträge im selbständigen Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerinnen zu 1) und zu 12) habe die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2022, die Anträge gegen die Antragsgegnerinnen zu 13) und zu 15) mit Schriftsatz vom 28. November 2022 zurückgenommen. Die Antragstellerin habe im Schriftsatz vom 7. Oktober 2022 gegenüber dem Landgericht Nürnberg-Fürth ferner die Verweisung an das Landgericht Stuttgart, das nach § 29 ZPO zuständig sei, beantragt. Dem hätten sich die Antragsgegnerinnen zu 5) und zu 8) unter Hinweis auf die Gerichtsstandsvereinbarung mit der Antragsgegnerin zu 1) widersetzt. Einen gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstand der Antragsgegner gebe es nicht. Die Antragsgegner sollten als Streitgenossen im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens in Anspruch genommen werden. Die Zulässigkeit der passiven Streitgenossenschaft ergebe sich daraus, dass jeweils Mängel am selben Bauwerk betroffen seien. Ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand des Erfüllungsorts, § 29 ZPO, habe nie für alle Antragsgegner bestanden. Der Ort des Bauwerks sei Erfüllungsort zwar für die Verbindlichkeiten der Antragsgegner zu 2) bis 11) und 13) bis 16), nicht aber für die Bürgschaftsverpflichtung der Antragsgegnerin zu 17). Aus Gründen der Prozessökonomie und Zweckmäßigkeit sei das Landgericht Stuttgart, in dessen Bezirk sich das Bauwerk befinde, als zuständiges Gericht zu bestimmen. Aufgrund der mit einigen Antragsgegnern geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung wolle sich die Antragstellerin alternativ auch der Bestimmung des Landgerichts Frankfurt am Main nicht verschließen.
Da im Antrag an das Bayerische Oberste Landesgericht vom 28. November 2022 sämtliche Antragsgegner zu 1) bis 17) aufgeführt sind, hat der Senatsvorsitzende um Klarstellung gebeten, in Bezug auf welche Antragsgegner eine Bestimmung des zuständigen Gerichts beantragt werde. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2022 hat die Antragstellerin erklärt, es werde die Zuständigkeitsbestimmung nur bezüglich der Antragsgegner zu 2) bis 11), zu 14), zu 16) und zu 17) begehrt, da auch nur bezüglich dieser das selbständige Beweisverfahren weiter durchgeführt werden solle. Die noch beteiligten Antragsgegner haben Gelegenheit zur Äußerung zum Zuständigkeitsbestimmungsantrag erhalten. Die Antragsgegnerinnen zu 6) und zu 7) haben sich mit einer Bestimmung des Landgerichts Stuttgart beziehungsweise einer "Verweisung" an dieses einverstanden erklärt. Die Bestimmung sei sachgerecht und sinnhaft, weil das Bauvorhaben im dortigen Bezirk belegen sei....