Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 22.09.1988; Aktenzeichen 4 T 535/88)

AG Lindau (Bodensee) (Beschluss vom 15.02.1988; Aktenzeichen UR II 75/86)

 

Tenor

  • Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 22. September 1988 wird zurückgewiesen.
  • Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
  • Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, für die nunmehr die weitere Beteiligte als Verwalterin bestellt ist. Gemäß § 7 Nr. 5 der Teilungserklärung bedarf das Anbringen von Markisen und Sonnenschutzvorrichtungen außerhalb der Wohnung der Zustimmung des Verwalters. Bei der Terrasse vor der Erdgeschoßwohnung der Antragsteller wurde noch vom Bauträger und früheren Verwalter im Rahmen der Fertigstellung der Außenanlagen im Jahr 1975 auf gemeinschaftlichem Eigentum ein ursprünglich nicht vorgesehenes offenes Balkengerüst (sog. Pergola) errichtet, auf dem die Antragsteller im Jahr 1976 als teilweise Überdachung eine Kunststoffplatte anschraubten. Entsprechend einer in der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 16.6.1982 festgehaltenen Aufforderung des Verwalters, die “Dachabdeckung” könne “im jetzigen Zustand nicht bleiben”, wurde die Kunststoffplatte von den Antragstellern grün gestrichen und teilweise mit Schilfmatten abgedeckt. Ein in der Eigentümerversammlung vom 12.8.1985 gestellter Antrag auf Entfernung der Pergola wurde nicht weiterverfolgt. Mit mehrheitlich gefaßtem Eigentümerbeschluß vom 29.7.1986 verlangten die Antragsgegner die Entfernung der Bedachung auf der Pergola. Ferner enthält die Versammlungsniederschrift Ausführungen über die Durchführung dieser Maßnahme; hierüber wurde jedoch kein Beschluß gefaßt.

Den Eigentümerbeschluß vom 29.7.1986 hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 15.2.1988 für ungültig erklärt. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 22.9.1988 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 29.7.1986 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

  • Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Eigentümerbeschluß vom 29.7.1986 entspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Die Antragsgegner hätten einen Anspruch auf Beseitigung der Pergolaüberdachung, die das architektonische Bild der Wohnanlage in einem Maß beeinträchtige, das die Antragsgegner nicht dulden müßten; dies gelte auch noch nach dem Aufbringen der Schilfmatten. Die Antragsteller hätten kein Recht auf die Pergolaüberdachung, die in der Teilungserklärung nicht vorgesehen sei. Diese Abdeckung sei keine bloße Sonnenschutzvorrichtung, sondern eine fest mit der Pergola verbundene Bedachung. Gemäß dem Bestätigungsschreiben des Bauträgers vom 12.6.1979 sei ihnen nur eine nicht überdachte Pergola zugesagt worden. Auf die Erklärung des Verwalters vom 16.6.1982 könnten sie sich schon deshalb nicht berufen, weil dieser dazu nicht befugt gewesen sei. Der Beseitigungsanspruch sei auch nicht verwirkt, weil die Antragsteller nicht darauf vertrauen konnten, die Antragsgegner würden ihren Beseitigungsanspruch nicht mehr geltend machen. Dieses Verlangen sei daher auch nicht rechtsmißbräuchlich.
  • Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der angefochtene Eigentümerbeschluß vom 29.7.1986 ist nicht ungültig, sondern entspricht den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG), weil die Antragsgegner die Beseitigung der Pergolaüberdachung verlangen können (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG).

    • Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Überdachung der Pergola eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstellt, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, so daß sie grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedurft hätte (vgl. BayObLG WuM 1987, 327 m.w.Nachw). Dies ergibt sich bereits daraus, daß sich die Maßnahme der Antragsteller nicht in der Reparatur oder Erneuerung bereits vorhandener gleichartiger Bauteile erschöpfte, sondern daß die im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Pergola um eine Bedachung erweitert wurde.
    • Die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu dieser Mahßnahme liegt nicht vor. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, daß die von den Antragstellern vorgenommene bauliche Veränderung die übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1, Nr. 3 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt; die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer ist des...

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