Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Festsetzung der Vergütung des Nachlaßpflegers. Nachlasspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Nachlaßpfleger ausnahmsweise für seine Tätigkeit entsprechend § 1836 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB eine Vergütung zuzubilligen ist, obliegt unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls allein der gestaltenden Ermessensentscheidung des Nachlaßgerichts und im Beschwerdeverfahren der des Landgerichts.
2. Die Bewilligung soll nur erfolgen, wenn die Nachlaßmasse sowie die Tätigkeit des Pflegers dies rechtfertigen. Für die Wertung dieser Tätigkeit sind deren Dauer, ihr Umfang und ihre Bedeutung, die Tragweite der Pflegergeschäfte sowie das Maß der damit verbundenen Verantwortung und nicht zuletzt auch der Erfolg beachtliche Kriterien.
3. Gemäß § 1 Abs. 2 BRAGO sind auf die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Pfleger die Grundsätze der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung nicht, auch nicht entsprechend anwendbar.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1; BRAGO § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 06.02.1985; Aktenzeichen 2 T 1201/84) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen VI 788/81) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 6. Februar 1985 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 5 hat die den Beteiligten zu 1 bis 4 im Rechtsbeschwerdeverfahren erwachsenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Am 26.11.1981 verstarb in … die … Sie Hinterließ Grundbesitz in … und … Möbel, Kunstgegenstände, Wertpapiere und Dankguthaben im Gesamtwert von rd. 3,765 Millionen DM sowie Verbindlichkeiten von fast 40.000 DM. Nach ihrem notariellen Testament vom 21.5.1981 sind die Beteiligten zu 2 und 3 Erben; der Beteiligte zu 4 ist Testamentsvollstrecker.
Weil die beteiligte zu 1, welche die Erblasserin in einem privatschriftlichen Testament vom 25.8.1980 als Erbin bezeichnet hatte, die Testierfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 21.5.1981 bestritt und hierzu umfangreiche Ermittlungen erforderlich waren, ordnete das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen – Nachlaßgericht – mit Beschluß vom 14.4.1982 Nachlaßpflegschaft für die unbekannten Erben an; als Nachlaßpfleger wurde der Beteiligte zu 5, ein Rechtsanwalt, bestellt.
Das Landgericht München II wies mit Beschluß vom 19.8.1983 das Amtsgericht, welches einen Vorbescheid zugunsten der Beteiligten zu 1 erlassen hatte, auf die Beschwerden der Beteiligten zu 2 bis 4 an, über den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zu entscheiden und hierbei von der Testierfähigkeit der Erblasserin am 21.5.1981 auszugehen. Auf Grund einer Einigung der Beteiligten zu 1 bis 4 nahm die Beteiligte zu 1 ihren Erbscheinsantrag zurück, erkannte das notarielle Testament vom 21.5.1981 an und verpflichtete sich, aus einem ihr als Vermächtnis zugewandten Teil des Nachlasses u. a. an den Nachlaßpfleger „die Kosten seiner Tätigkeit” zu zahlen, die, wenn keine Einigung mit dem Pfleger möglich ist, vom Gericht bestimmt werden sollen. Mit einem dem Beteiligten zu 5 am 29.11.1983 zugegangenen Beschluß vom 23.11.1983 hob das Amtsgericht die Nachlaßpflegschaft auf.
2. Über seine Tätigkeit als Nachlaßpfleger erstattete der Beteiligte zu 5 Berichte vom 14.6., 26.7., 31.8.1982, 24.2. und 24.8.1983. Danach war er nach Erfassung des Nachlaßvermögens und der Nachlaßverbindlichkeiten im wesentlichen mit folgenden Angelegenheiten befaßt:
Von den Nachlaßgrundstücken war eines in … unbebaut, ein von den Beteiligten zu 2 und 3 betreutes Anwesen in … fast leer. Drei weitere Grundstücke hatte die Erblasserin vor ihrem Tode verkauft und Dritten überlassen. Diese Grundstücksgeschäfte waren bereits am 8.12.1981 vollzogen worden.
Der Beteiligte zu 5 löste mehrere Konten der Erblasserin zugunsten eines von ihm errichteten Nachlaßkontos bei der … bank … auf. In Nachlaß vorgefundene Wertpapiere wurden in ein vom Beteiligten zu 5 bei der Volksbank errichtetes Wertpapierdepot verbracht. Des weiteren zog der Beteiligte zu 5 eine Forderung von 91.040 DM aus einer Straßengrundabtretung von der Gemeinde … ein.
Über das bewegliche Vermögen schloß der Nachlaßpfleger im August 1982 eine Vereinbarung mit den Beteiligten zu 2 bis 4. Schließlich hatte er mehrere steuerrechtliche Angelegenheiten zu behandeln.
3. Als Vergütung für die Tätigkeit als Nachlaßpfleger bewilligte das Amtsgericht – Rechtspfleger – dem Beteiligten zu 5 mit Beschluß vom 8.3.1983 zunächst eine auf die Schlußvergütung anzurechnende Teilvergütung in Höhe von 50.000 DM. Mit Schriftsatz vom 3.1.1984 beantragte der Beteiligte zu 5, ihm eine weitere Brutto-Entschädigung (einschließlich Steuern, Auslagen, Abgaben und weiterer Aufwendungen) in Höhe von 25.000 DM zu bewilligen.
Das Amtsgericht – Rechtspfleger – setzte daraufhin mit Beschluß vom 15.5.1984 für die Tätigkeit als Nachlaßpfleger eine einmalige Vergütung in Höhe von 75.000 DM f...