Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer US-amerikanischen Ehescheidung
Leitsatz (amtlich)
Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung, wenn der Antragsgegner vorbringt, die zugrunde liegende Scheidungsvereinbarung sei vom Antragsteller erzwungen worden.
Normenkette
FamRÄndG Art. 7 § 1; ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 3465 a E 1231/99) |
Tenor
I. Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts München vom 15. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 300 DM festgesetzt, die von der Antragsgegnerin zu entrichten ist.
Gründe
I.
Der Antragsteller, ein US-amerikanischer Staatsangehöriger, hat mit der Antragsgegnerin, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, am 28.3.1997 in Towson, Maryland/USA die Ehe geschlossen. Dort lebten die Eheleute zunächst zusammen. Am 8.5.1997 wurde ein gemeinsames Kind geboren. Am 20.7.1997 trennten sich die Eheleute. Am 28.4.1998 trafen sie eine Scheidungs- und Sorgerechtsvereinbarung. Einen Tag später verließ die Antragsgegnerin mit dem Kind die USA.
Auf Klage des Antragstellers wurde durch Urteil des Circuit Court for Baltimore County (Maryland/USA) vom 9./15.3.1999 die Scheidung der Ehe ausgesprochen. Ein Rechtsmittel wurde nicht eingelegt.
Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 19.11.1999 die Anerkennung des Scheidungsurteils. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts München hat am 15.3.2000 entschieden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils vom 9./15.3.1999, soweit es auf Scheidung lautet, gegeben sind.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin. Sie beantragt die „gerichtliche Entscheidung der Nichtanerkennung der Scheidung des amerikanischen Gerichts”. Sie meint, das Scheidungsurteil dürfe nicht anerkannt werden, weil dies zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Das Scheidungsurteil beruhe nämlich auf der Scheidungs- und Sorgerechtsvereinbarung vom 28.4.1998, welche nur zustande gekommen sei, weil sie, die Antragsgegnerin, durch die Anwälte des Antragstellers unter massivsten erpresserischen Druck gesetzt worden sei. Sofort nach ihrer Rückkehr nach München habe sie dem Antragsteller klargemacht, daß sie sich an den ihr abgepreßten Vertrag nicht gebunden fühle. Eine Anfechtung des Scheidungsurteils sei ihr nicht möglich gewesen, da sie die hierfür notwendigen fünfstelligen Dollarbeträge an Anwaltskosten nicht habe aufbringen können.
II.
Der Antrag auf Entscheidung durch das zuständige Bayerische Oberste Landesgericht (Art. 7 § 1 Abs. 6 Satz 2 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) ist statthaft (Art. 7 § 1 Abs. 5 Satz 1 FamRÄndG) und auch im übrigen zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils des Circuit Court for Baltimore County (Maryland/USA) vom 9.3.1999, soweit es auf Scheidung der Ehe der Beteiligten lautet, sind gegeben.
1. Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die von dem Antragsteller beantragte (Art. 7 § 1 Abs. 3 Satz 1 FamRÄndG) Anerkennung liegen vor. Insbesondere hat der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Anerkennung des US-amerikanischen Scheidungsurteils (Art. 7 § 1 Abs. 3 Satz 2 FamRÄndG). Diese berührt den rechtlichen Status des Antragstellers, da er ohne Anerkennung in Deutschland als verheiratet gilt (Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 1 FamRÄndG). Sein Interesse an der Feststellung des Status folgt bereits aus dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten, wonach die Antragsgegnerin in Deutschland wohnt, zumal dort über das Sorgerecht des gemeinsamen Kindes gestritten wird. Es liegt nahe, daß bei diesem Streit die Frage, ob die Ehe der Beteiligten wirksam geschieden ist, als Vorfrage eine Rolle spielt.
2. Die sachlichen Voraussetzungen der Anerkennung ergeben sich, da es um ein ausländisches Urteil geht, aus der allgemeinen Regelung in § 328 Abs. 1 ZPO (vgl. BayObLGZ 1987, 439/440; BayObLG FamRZ 1990, 650). Das Urteil ist anzuerkennen, da keiner der in dieser Vorschrift genannten Versagungsgründe eingreift.
a) Die Anerkennung des Urteils ist nicht gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist zu prüfen, ob die Gerichte des Urteilsstaates zuständig gewesen wären, wenn deutsches Zuständigkeitsrecht bei spiegelbildlicher Anwendung eine Zuständigkeit der dortigen Gerichte begründet hätte (vgl. BayObLGZ 1987, 439/441). Gemäß § 606a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO sind für Ehesachen die deutschen Gerichte zuständig, wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Ehe Schließung war. Bei spiegelbildlicher Anwendung bedeutet dies, daß hier die US-amerikanischen Gerichte für die Ehe Scheidung schon deshalb zuständig waren, weil der Antragsteller US-amerikanischer Staatsangehöriger ist.
b) Auch § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO schließt die Anerkennung nicht aus. Aus den vorgelegten Protokollen des US-amerikanischen Scheidungsverfahrens ist ersichtlich, daß sich ...