Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohngeld
Leitsatz (amtlich)
1. Die durch Gemeinschaftsordnung getroffene und im Grundbuch eingetragene Bestimmung, wonach der Erwerber einer Eigentumswohnung für Wohngeldrückstände des Voreigentümers haftet, ist wirksam und begründet eine Zahlungspflicht des Rechtsnachfolgers unmittelbar durch den Erwerb des Sondereigentums, ohne daß es einer schuldrechtlichen Übernahme bedarf.
2. Einem bestandskräftigen Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung kann ein Wohnungseigentümer nicht entgegenhalten, daß er aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Regelung Wohngeld so lange nicht schulde, bis die ihm gehörenden Dachgeschoßräume ausgebaut sind.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 16 Abs. 2, § 23 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 26.09.2001; Aktenzeichen 14 T 5850/00) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 030/00) |
Tenor
I. Die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsgegnerin gegen die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. September 2001 und vom 18. Dezember 2001 Werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.558 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Im Jahr 1996 erwarb der Voreigentümer der Antragsgegnerin die Dachgeschoßräume Nr. 74 und Nr. 76. Er begann mit deren Ausbau zu Wohnzwecken; nach dem Vortrag der Antragsgegnerin wurde dieser gegen Ende 1999 abgeschlossen. Im Jahr 1998 verkaufte der Voreigentümer sein Eigentum an die Antragsgegnerin. Diese wurde am 11.10.1999 als Eigentümerin der Wohnung Nr. 76 und am 10.1.2000 als Eigentümerin der Wohnung Nr. 74 im Grundbuch eingetragen.
In der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO ist u. a. bestimmt:
§ 3
…
Sämtliche vom Voreigentümer bereits geleisteten Zahlungen und Rücklagen gehen auf den Nacherwerber über. Dies gilt auch für Heizungs-/Warmwasserkostenvorauszahlungen. Der Erwerber haftet gesamtschuldnerisch für etwaige Rückstände.
§ 18
…
Solange das Dachgeschoß nicht erstmalig ausgebaut ist, hat der Eigentümer des Dachgeschosses keinen Anteil an den Kosten und Lasten des Gemeinschaftseigentums zu tragen.
Aufgrund bestandskräftiger Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnungen 1996 und 1998 sowie über den Wirtschaftsplan 1999 hat der Voreigentümer der Antragsgegnerin einen Wohngeldrückstand von insgesamt 4.261,81 DM für die Wohnung Nr. 74 und von insgesamt 2.697,38 DM für die Wohnung Nr. 76 zu zahlen.
Auf Antrag der übrigen Wohnungseigentümer hat das Amtsgericht, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse ist, die Antragsgegnerin mit Beschlüssen vom 29.5.2000 verpflichtet, diese Beträge an die Antragsteller zu zahlen. Das Landgericht hat am 26.9.2001 und am 18.12.2001 die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Hiergegen richten sich deren sofortige weitere Beschwerden.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässigen Rechtsmittel sind nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Wohngeldrückstand des Voreigentümers betrage insgesamt 6.959,20 DM. Dies stehe fest aufgrund der bestandskräftigen Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnungen 1996 und 1998 sowie über den Wirtschaftsplan 1999. Im übrigen lägen gegen den Voreigentümer hinsichtlich der Wohngeldschuld aus dieser Zeit rechtskräftige Vollstreckungsbescheide über 2.349,67 DM und 1.979,41 DM vor.
Nach § 3 GO hafte die Antragsgegnerin für die Wohngeldrückstände ihres Rechtsvorgängers. Aus dem Sinn und Gesamtzusammenhang dieser Vorschrift ergeben sich, daß gerade Wohngeldbeiträge erfaßt werden sollen. Die Regelung des § 3 GO gelte gegenüber der Antragsgegnerin, weil darauf im Kaufvertrag Bezug genommen wird. In entsprechender Anwendung des § 767 ZPO sei die Antragsgegnerin mit dem Einwand ausgeschlossen, nach § 18 GO sei vom Voreigentümer die Zahlung von Wohngeld nicht geschuldet gewesen, weil der Ausbau des Dachgeschosses erst nach dem Zeitraum abgeschlossen worden sei, für den hier Wohngeld verlangt werde.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zum Ergebnis gekommen, daß der noch offene Wohngeldrückstand des Voreigentümers 6.959,20 DM beträgt und die diesbezüglichen Eigentümerbeschlüsse bestandskräftig geworden sind (§ 23 Abs. 4 Satz 1, § 28 Abs. 5 WEG).
b) Gegenüber den bestandskräftigen Eigentümerbeschlüssen kann nicht eingewandt werden, eine Wohngeldschuld des Voreigentümers sei wegen der in § 18 GO enthaltenen Regelung nicht entstanden.
Offen bleiben kann deshalb, ob und wann das Dachgeschoß erstmalig ausgebaut worden ist. Selbst wenn dies erst nach dem Zeitpunkt erfolgt sein sollte, auf den sich die Eigentümerbeschlüsse beziehen, würde es sich nur um vereinbarungswidrige, nicht aber um nichtige Eigentümerbeschlüsse handeln (vgl. BGH NJW 2000, 3500/3503; Lüke ZWE 2002, 49/54).
Da keine nichtigen Beschlüsse vor...