Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Beschluss vom 18.10.1985; Aktenzeichen T 175/85)

AG Aschaffenburg (Aktenzeichen 4 UR II 61/84)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 18. Oktober 1985 – ausgenommen die Geschäftswertfestsetzung in Nr. III – aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Aschaffenburg zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage mit drei Wohnungen. Sie streiten darüber, ob die Antragstellerin ihren Hobbyraum als Büro vermieten darf.

Das Wohnungseigentum der Antragstellerin ist in der Teilungserklärung beschrieben als

… Ein-Zimmer-Appartment-Wohnung im Dachgeschoß, bestehend aus Wohn- und Schlafraum …, Hobbyraum (Keller) im Kellergeschoß mit einer Wohnfläche nach DIN 283 von ca. 58,26 qm, nebst Kellerabteil …

In § 5 der Gemeinschaftsordnung (GO) heißt es:

1. Zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Eigentumswohnung ist der Wohnungseigentümer nur mit schriftlicher Einwilligung des Verwalters berechtigt; diese kann unter Auflagen erteilt werden. Der Verwalter kann die Einwilligung nur aus einem wichtigen Grund verweigern.

Als wichtiger Grund ist insbesondere anzusehen, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer oder eine übermäßige Abnutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit sich bringt. Die Zustimmung kann widerrufen werden, wenn nachträglich eine unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer oder eine übermäßige Abnutzung des gemeinschaftlichen Eigentums eintritt oder Auflagen nicht beachtet werden. Die Zustimmung des Verwalters kann durch die Eigentümerversammlung ersetzt werden.

2. Die Gebrauchsüberlassung an Dritte ist nur zulässig, soweit sich deren Nutzung im Rahmen dieser Teilungserklärung hält …

Die Antragstellerin hat von dem früheren Verwalter, ihrem Ehemann, die schriftliche Zustimmung zur Vermietung erhalten. Sie hat ihren Hobbyraum an ein Unternehmen vermietet. In welcher Weise der Raum vom Mieter genutzt wird, ob als Büro, oder im wesentlichen nur zur Lagerung von Akten, ist unter den Beteiligten umstritten.

In der Eigentümerversammlung vom 18.10.1984 beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 9:

Der Verwalter soll dafür sorgen, daß der als Büro genutzte Hobbyraum bis zum 31.10.1984 geräumt wird.

Die Antragstellerin hat am 31.10.1984 beantragt (weitere Anträge sind nicht mehr Gegenstand des Verfahrens), den Eigentümerbeschluß vom 18.10.1984 zu TOP 9 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 24.7.1985 abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluß vom 18.10.1985 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antrag, den Eigentümerbeschluß vom 18.10.1984 zu TOP 9 für ungültig zu erklären, sei unbegründet. Ob der Hobbyraum als Wohnung im Sinne der Teilungserklärung anzusehen sei, könne dahinstehen. Für die Vermietung des Hobbyraums als Büro habe die Antragstellerin jedenfalls eine rechtswirksame Einwilligung des Verwalters oder die Zustimmung der Eigentümerversammlung benötigt. Beides fehle.

Die Einwilligung des früheren Verwalters könne nicht mehr als eine Einwilligung im Sinn des § 5 GO angesehen werden. Diese sei pauschal für die Zukunft erteilt gewesen, ohne daß der Verwalter den Mieter gekannt habe. Die Einwilligung des Verwalters sei auch nicht durch die Wohnungseigentümerversammlung ersetzt worden. Der angefochtene Beschluß stelle allenfalls einen Widerruf der Einwilligung des Verwalters dar.

2. Die Entscheidung des Landgerichts kann nicht aufrechterhalten werden.

Ob der angefochtene Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären ist, hängt, wie noch darzulegen sein wird, davon ab, ob der Hobbyraum in einer Weise genutzt wird, die für die übrigen Wohnungseigentümer mit Nachteilen verbunden ist, welche diese hinzunehmen nicht verpflichtet sind. Hierzu fehlen ausreichende Feststellungen. Ohne weitere Ermittlungen sind solche nicht zu treffen. Da das Rechtsbeschwerdegericht zu eigenen Ermittlungen nicht befugt ist, muß die Sache an das Landgericht zurückverwiesen werden.

a) Die Vorinstanzen sind – ohne dies näher darzulegen – davon ausgegangen, der Eigentümerbeschluß vom 18.10.1984 zu TOP 9 habe den Sinn, der Antragstellerin zu verbieten, den Hobbyraum als Büro zu vermieten, ihn also so zu nutzen oder nutzen zu lassen, wie es geschieht. Diese dem Tatrichter obliegende Auslegung des Eigentümerbeschlusses (BayObLGZ 1985, 171/175) ist nicht zu beanstanden. Insoweit sind Einwendungen auch nicht erhoben. Für die Entscheidung ist das eben umschriebene Verbot als Inhalt des Eigentümerbeschlusses zugrunde...

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