Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Nachholung formeller Beteiligung sämtlicher Wohnungseigentümer durch das Rechtsbeschwerdegericht
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 24.06.1999; Aktenzeichen 1 T 6359/99) |
AG München (Entscheidung vom 19.03.1999; Aktenzeichen 482 UR II 869/98) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 24. Juni 1999 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht München I zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 12.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Den Antragstellern gehört die Wohnung Nr. 6, dem Antragsgegner das Teileigentum Nr. 3. Das Teileigentum des Antragsgegners ist in der Teilungserklärung vom 4.4.1997 als Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an dem „Laden/Büro” bezeichnet. § 2 Abs. 3 Satz 1 der Teilungserklärung lautet wie folgt:
Die Gewerbeeinheit Nr. 3 ist insbesondere berechtigt, die Räumlichkeiten bei Vorlage der entsprechenden behördlichen Genehmigung als Ladenlokal mit Voll-/Teilküche zu nutzen.
Durch Nachtragserklärung vom 24.4.1998 wurde der Beschrieb des Teileigentums des Antragsgegners in „Laden mit Bistro” umgewandelt. Über die Wirksamkeit der Nachtragserklärung besteht zwischen den Beteiligten Streit.
Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Nutzung seines Teileigentums als Gaststätte oder Bistro zu unterlassen, hilfsweise eine solche Nutzung außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten zu unterlassen. Das Amtsgericht hat am 19.3.1999 dem Hilfsantrag unter Abweisung des Hauptantrags stattgegeben. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragsgegners durch Beschluß vom 24.6.1999 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an dieses.
Gegenstand des Verfahrens sind die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander im Sinn des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. An diesem Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Sie müssen daher auch formell am Verfahren beteiligt werden. Ein Fall, in dem dies ausnahmsweise nicht erforderlich wäre, weil die Rechte anderer Wohnungseigentümer nicht berührt werden (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 660), liegt nicht vor.
Der in der unterlassenen Beteiligung liegende Verfahrensmangel führt aber nicht in jedem Fall zwingend zur Aufhebung und Zurückverweisung. Wenn nach dem Sach- und Streitstand eine weitere Sachaufklärung weder notwendig noch auch nur zu erwarten ist und damit die förmliche Beteiligung nur der Gewährung rechtlichen Gehörs dient, kann sie auch vom Rechtsbeschwerdegericht nachgeholt werden (BGH FGPrax 1998, 15/16). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, daß bei Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer weitere Ermittlungen notwendig werden, zumal sich die Wohnungseigentümer ausweislich der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 3.3.1998 „gegen die Einrichtung eines Ladenlokals” in dem Teileigentum des Antragsgegners ausgesprochen haben. Möglicherweise wird von den übrigen Wohnungseigentümern der abgewiesene Hauptantrag aufgegriffen und weiterverfolgt. Im übrigen bedarf es zunächst erst der Ermittlung der übrigen Wohnungseigentümer.
Dem Senat erscheint es daher geboten, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und die Sache an dieses zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückzuverweisen.
Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Unterschriften
Dr. T, D, W
Fundstellen
Haufe-Index 545417 |
NZM 2000, 247 |
WuM 2000, 207 |
ZWE 2000, 418 |