Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten
Leitsatz (redaktionell)
Grundsätzlich bleibt im Erbscheineinziehungsverfahren maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung der Beschwerde der Erbfall.
Normenkette
KostO § 108 S. 2, § 107 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 11.06.1991; Aktenzeichen 13 T 8795/90) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 3713/60) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Juni 1991 wird in Nr. II aufgehoben.
II. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
1. Der am 4.8.1955 verstorbene Erblasser hatte mit seiner Ehefrau … das folgende gemeinschaftliche Testament vom 5.5.1952 verfaßt:
„Unser letzter Wille
Unser Anwesen,
unser Eigentum ohne Schulden, gehört nach unserem Ableben unserer leiblichen und ehelichen Tochter … und deren Sohn … zusammen. Nach dem Ableben des einen der unterfertigten Ehegatten hat der Überlebende die Nutznießung des Anwesens”.
Unter dem 12.1.1961 erteilte das Amtsgericht einen Erbschein, nach dem der Erblasser von der Beteiligten zu 1) (seiner Tochter) und dem Beteiligten zu 2) (seinem Enkelkind) je zur Hälfte beerbt worden ist.
Der Nachlaß bestand nach dem von der Beteiligten zu 1) gefertigten Verzeichnis vom 8.6.1956 aus einem hälftigen Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus … (Einheitswert des gesamten Anwesens 14.400 DM), sowie Kontoguthaben und sonstigen Werten in Höhe von 3.256,39 DM. Nach Abzug der Nachlaß Verbindlichkeiten in Höhe von 1.303,20 DM wurde der Reinnachlaß, ausgehend vom Einheitswert des Hausgrundstücks, mit 9.153,19 DM angegeben.
2. Unter dem 5.10.1990 erteilte das Amtsgericht einen neuen Erbschein, nach dem der Erblasser von der Beteiligten zu 1) zu 1/2 und von dem Beteiligten zu 2) sowie dessen am 12.9.1955 geborenen Bruder … zu je 1/4 beerbt worden ist. Der Erbschein vom 12.1.1961 wurde mit Beschluß vom 10.10.1990 als unrichtig eingezogen, weil er nicht berücksichtigt habe, daß am 12.9.1955 ein weiterer Enkel geboren sei, der in ergänzender Auslegung des Testaments in die Erbfolge miteinzubeziehen sei.
Gegen die Einziehung des ursprünglichen Erbscheins legte der Beteiligte zu 2) Beschwerde ein, mit der er sich gegen die Berücksichtigung seines Bruders … als Miterben wandte. Die Beteiligte zu 1) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 17.5.1991 nahm der Beteiligte zu 2) die Beschwerde zurück. Das Landgericht ordnete mit Beschluß vom 11.6.1991 an, daß der Beteiligte zu 2) die notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 1) im Beschwerdeverfahren zu tragen habe (Nr. I der Entscheidung); den Beschwerdewert setzte es auf 2.288 DM (1/4 des von der Beteiligten zu 1) angegebenen Reinnachlasses von 9.153,19 DM) fest (Nr. II).
3. Gegen die Geschäftswertfestsetzung in Nr. II der landgerichtlichen Entscheidung wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) mit ihrer im eigenen Namen eingelegten Beschwerde. Sie halten den vom Landgericht angenommenen Nachlaßwert, der im wesentlichen aus dem Wert des Hausanteils bestehe, für zu gering. Hilfsweise schätzten sie den Grundstückswert auf 100.000 DM und somit den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren – das Beschwerdeinteresse des Beteiligten zu 2) habe sich auf 1/8 des Grundstückswertes belaufen – auf 12.500 DM.
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Rechtsmittel ist als Erstbeschwerde gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO anzusehen, da das Landgericht bei der Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren im ersten Rechtszug entschieden hat. Der Beschwerdewert (§ 567 Abs. 2 ZPO) ist im Hinblick auf die anfallenden Rechtsanwaltsgebühren erreicht. Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) konnten aus eigenem Recht Geschäftswertbeschwerde einlegen (§ 9 Abs. 2 BRAGO).
2. Die sonach zulässige Geschäftswertbeschwerde ist sachlich auch begründet.
a) Nach § 131 Abs. 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten – wie hier – ist daher der Wert des Beschwerdegegenstands regelmäßig in erster Linie gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. Die für den ersten Rechtszug maßgeblichen Vorschriften der Kostenordnung können als Anhaltspunkt für die vorzunehmende Schätzung herangezogen werden, sind jedoch nicht unmittelbar anzuwenden (ständige Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, vgl. BayObLGZ 1986, 489/491; BayObLG JurBüro 1978, 1372/1373; 1982, 116 und 1387/1388; 1983, 1553; 1984, 266 und 1883).
b) Diese Grundsätze hat das Landgericht zwar beachtet, wenn es das in erster Linie maßgebliche wirtschaftliche Interesse des. Beschwerdeführers (des Beteil...