Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstückes durch ein ausländisches Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstückes durch ein ausländisches Gericht in einem dort anhängigen Scheidungsverfahren ist dann nicht rechtzeitig erfolgt, wenn der Antragsteller die Zustellungen an die frühere ausländische Wohnanschrift der Antragsgegnerin bewirken lässt, obwohl er weiß, dass sich diese im Inland aufhält und er im bereits anhängigen Verfahren auf Trennungsunterhalt den inländischen Wohnsitz der Antragsgegnerin ohne weiteres in Erfahrung hätte bringen können, und die Antragsgegnerin deshalb das Schriftstück nicht erhält.

 

Normenkette

FamRÄndG Art. 7 § 1; ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

PräsOLG München (Beschluss vom 09.02.2004; Aktenzeichen 3465a E 882/2003)

 

Tenor

I. Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Präsidentin des OLG München vom 9.2.2004 wird zurückgewiesen.

II. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 50 Euro festgesetzt, die vom Antragsteller zu entrichten ist.

III. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die dieser im gerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin schlossen am 8.5.2002 vor dem Standesamt Constanta in Rumänien die Ehe. Die Antragsgegnerin, die rumänische Staatsangehörige ist, zog am 9.9.2002 mit ihrer Tochter zum Antragsteller, einem deutschen Staatsangehörigen, nach Erlangen. Die Antragsgegnerin wurde nach einem Selbstmordversuch am 1.1.2003 in eine Nervenklinik eingewiesen, ihre Tochter kam zu Pflegeeltern. Nach der Entlassung aus der Klinik zog die Antragsgegnerin im Januar 2003 in das Erlanger Frauenhaus.

Der Antragsteller leitete vor dem AG Constanta in Rumänien das Scheidungsverfahren ein. Der Scheidungsantrag und die Ladung zum Termin am 11.3.2003 wurden am 14.2.2003 im Wege der Ersatzzustellung durch Anheften an die Wohnungstür in der Wohnung der Antragsgegnerin in Constanta zugestellt. Im Termin vom 11.3.2003 waren weder der Antragsteller, der jedoch anwaltschaftlich vertreten war, noch die Antragsgegnerin persönlich anwesend. Zur Beschaffung weiterer Beweismittel (Heiratsurkunde, Wohnsitzauskunft) vertagte sich das Gericht auf den 1.4.2003. Die Ladung zu diesem Termin wurde der Antragsgegnerin am 21.3.2003, die Ladung zum Termin vom 6.5.2003 am 16.4.2003 jeweils durch Anheften der Schriftstücke an die Wohnungstür der oben genannten Wohnung zugestellt. Auf die Aussage des Bruders des Antragstellers, wonach sich die Antragsgegnerin eventuell in Deutschland aufhalte, räumte das Scheidungsurteil des AG Constanta vom 6.5.2003 der Antragsgegnerin ein 30-tägiges Widerrufsrecht ein. Das Urteil wurde der Antragsgegnerin am 9.6.2003 ebenso wie die Ladungen an ihre rumänische Adresse zugestellt.

Am 25.8.2003 beantragte der Antragsteller vor dem Standesamt Erlangen die Anerkennung des seit 7.7.2003 rechtskräftigen Scheidungsurteils.

Mit Entscheidung vom 9.2.2004 hat die Präsidentin des OLG München diesen Antrag zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller. Er beantragt die Aufhebung der Entscheidung und die Anerkennung des Scheidungsurteils.

Der Antragsteller trägt vor, der Antragsgegnerin sei der Scheidungsantrag mit der Ladung ordnungsgemäß nach rumänischem Recht zugestellt worden. Die Cousine der Antragsgegnerin habe sowohl den Scheidungsantrag als auch die Terminsladungen und später das Scheidungsurteil, zum Teil nach telefonischer Absprache mit der Antragsgegnerin, jeweils umgehend per Post an die Anschrift der Antragsgegnerin in Erlangen übersandt.

Der Antragsteller behauptet, er habe den Aufenthalt der Antragsgegnerin in Deutschland nicht gekannt.

Die Antragsgegnerin bestreitet, irgendeines der das rumänische Scheidungsverfahren betreffenden Schriftstücke erhalten zu haben. Auch habe sie mit der Cousine keine telefonische Vereinbarung getroffen, ihr die Unterlagen zu übersenden. Der Antragsteller habe ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, im Rahmen des in Erlangen anhängigen Verfahrens auf Ehegattenunterhalt den Erlanger Aufenthaltsort der Antragsgegnerin in Erfahrung zu bringen.

II. Der Antrag auf Entscheidung durch das zuständige BayObLG (Art. 7 § 1 Abs. 6 S. 2 und 4 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) ist statthaft (Art. 7 § 1 Abs. 4 FamRÄndG) und auch im Übrigen zulässig.

Er ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung des Urteils des AG Constanta vom 6.5.2003 liegen nicht vor.

1. Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die vom Antragsteller beantragte (Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 1 FamRÄndG) Anerkennung sind gegeben. Insbesondere hat der Antragsteller ein rechtliches Interesse (Art. 7 § 1 Abs. 3 S. 2 FamRÄndG) an der Anerkennung.

2. Es fehlen aber die sachlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung.

Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Staates ist ausgeschlossen, wenn ein Anerkennungshindernis nach § 328 Abs. 1 ZPO besteht.

a) Die Anerkennung ist dem Urteil des AG Const...

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