Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. sofortige weitere Beschwerde des Schuldners
Leitsatz (amtlich)
Die Versagung der Restschuldbefreiung wegen rechtskräftiger Verurteilung nach §§ 283 bis 283 c StGB setzt nicht voraus, daß die abgeurteilte Tat mit dem aktuellen Insolvenzverfahren in einem konkreten Zusammenhang steht (Anschluß am OLG Celle Beschluß vom 5.4.2001 – 2 W 8/01 – = NZI 2001, 314 = ZInsO 2001, 414).
Normenkette
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 35 T 1334/01) |
AG Landshut (Aktenzeichen 2 IK 128/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 20. Juni 2001 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Schuldner hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.
III. Der Wert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Die im Beschlußrubrum bezeichneten Gläubiger und der Schuldner streiten über die Frage, ob eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO (rechtskräftige Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat nach den §§ 283 bis 283 c StGB) voraussetzt, daß die abgeurteilte Straftat in einem Zusammenhang mit dem aktuellen Insolvenzverfahren steht. Beide Vorinstanzen haben dies verneint.
2. Auf Antrag des Schuldners eröffnete das Amtsgericht Landshut – Insolvenzgericht – am 20.6.2000 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Die im Rubrum genannten Gläubiger beantragten im Schlußtermin vom 16.2.2001, dem Schuldner die von ihm beantragte Restschuldbefreiung in Anwendung von § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu versagen. Das Insolvenzgericht gab dem Antrag auf Versagung mit Beschluß vom 24.4.2001, dem Schuldner am 27.4.2001 zugestellt, statt. Der am 11.5.2001 eingegangenen sofortigen Beschwerde des Schuldners vom selben Tag half das Insolvenzgericht nicht ab; das Landgericht Landshut wies die Beschwerde mit Beschluß vom 20.6.2001 als unbegründet zurück.
3. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Schuldner mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 25.7.1996, rechtskräftig seit 14.8.1996, wegen einer Straftat nach § 283 b Abs. 1 Nr. 3 b und Abs. 3, § 283 Abs. 4 (richtig: Abs. 6) StGB verurteilt worden. Bei der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von drei Monaten handelt es sich um eine Gesamtstrafe, bei deren Bildung zwei tateinheitlich begangene Vergehen nach § 266 Abs. 1 1. Alt. StGB berücksichtigt und die wegen 16 in Tatmehrheit begangener Vergehen nach § 266 a Abs. 1 StGB ausgeworfenen Einzelstrafen einbezogen wurden. Gegenstand der Verurteilung nach § 283 b Abs. 1 Nr. 3 b und Abs. 3 StGB war der Vorwurf, daß der Schuldner es als Geschäftsführer einer GmbH im Jahr 1994 vorsätzlich unterließ, die Bilanz in der handelsrechtlich vorgeschriebenen Zeit aufzustellen. Die Beschwerdekammer zitiert in Übereinstimmung mit dem Bundeszentralregisterauszug § 283Abs. 4 StGB; hierbei handelt es sich um einen Schreibfehler. Die Verurteilung wegen eines sogenannten Bankrottdelikts im Strafbefehl bezieht sich tatsächlich auf die in § 283Abs. 6 StGB normierte objektive Strafbarkeitsvoraussetzung, nämlich den wirtschaftlichen Zusammenbruch des seinerzeit vom Schuldner geführten Unternehmens (Ablehnung der Eröffnung eines Konkursverfahrens betreffend die GmbH mangels Masse).
4. Das Landgericht begründete seine Auffassung, daß § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine einschränkende Auslegung in dem vom Schuldner gewünschten Sinne nicht zulasse, u. a. mit folgenden Ausführungen:
„Eine entsprechende Einschränkung ist zunächst durch den Wortlaut der Bestimmung nicht geboten. Der Wortlaut der Bestimmung, der während des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach geändert wurde (Nerlich/Römermann, InsO § 290 Rn. 1 bis 14) stellt insoweit lediglich auf das Vorhandensein einer rechtskräftigen Verurteilung nach den dort genannten Bestimmungen des Strafgesetzbuchs ab. Eine Einschränkung dahingehend, daß zwischen dem Insolvenzverfahren und den begangenen Straftaten ein Zusammenhang bestehen muß, läßt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen.
Nach Ansicht der Kammer gebietet auch der Sinn und Zweck der Vorschrift keine Auslegung in dem vom Beschwerdeführer gewünschten einschränkenden Sinn. Nach § 1 Satz 2 InsO wollte der Gesetzgeber nur den redlichen Schuldner in den Genuß der Restschuldbefreiung kommen lassen. Der Gesetzgeber wollte mit den in § 290 Abs. 1 InsO genannten Gründen eine zwingende Versagung der Restschuldbefreiung in einem abschließenden Katalog von Fällen, in denen er typischerweise von der Unredlichkeit des Schuldners ausging, bewirken (Nerlich/Römermann, InsO § 290 Rn. 12). Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber in den Fällen einer Verurteilung unabhängig vom laufenden Insolvenzverfahren von der Redlichkeit des Schuldners ausging und diese Fälle von der „typisierten Unredlichkeit” des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausnehmen wollte. Nach Ansic...