Leitsatz (amtlich)

1. Für die Abgrenzung, ob es sich um ein Schreiben im Sinne von Art. 31 Abs. 1 BayStVollzG oder ein Paket nach Art. 36 BayStVollzG handelt, ist nicht die postalische Bezeichnung, sondern der Inhalt maßgebend.

2. Beilagen eines Schreibens stellen somit grundsätzlich ein Paket im Sinne des Art. 36 BayStVollzG dar, sofern sie umfangreich oder nicht durch inhaltliche Bezugnahme in den Gedankenaustausch eingebunden sind.

3. Der Empfang eines Pakets bedarf nach der ausdrücklichen Regelung in Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayStVollzG der vorherigen Erlaubnis der Anstalt. Fehlt diese, so ist dies für die Anstalt ein zureichender Grund, die Annahme des Pakets zu verweigern.

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Entscheidung vom 28.04.2022; Aktenzeichen 5 StVK 131/22)

 

Tenor

  • I.

    Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen K... gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landshut vom 28. April 2022 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

  • II.

    Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 150 EUR festgesetzt.

  • III.

    Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren und auf Beiordnung eines Rechtsanwalts wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren 5 StVK 131/22 beantragte der Strafgefangene

(1.) die Feststellung der Rechtswidrigkeit im Rahmen des am 01.02.2022 erhaltenen Schreibens von Herrn R... betreffend Weiterleitung von Schreiben, Anhalten von Schreiben, Kuvert des Schreibens und unerlaubte Briefbeilagen;

(2.) die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihm sowohl das Kuvert des Schreibens wie auch die Briefbeilagen wie folgt auszuhändigen: Heftung § 84 Durchsuchung, Heftung Verlegung, Auszug B... § 102, Heftung "Tipps für Gefangene und Angehörige", Heftung Rechtsbeugung nur S. 1 bis 5.

Er beanstandet, dass ihm das Schreiben vom 25.01.2022 erst am 01.02.2022 ausgehändigt worden sei und er auch über eine vermutete Anhaltung dieses Schreibens (Art. 34 BayStVollzG) nicht informiert worden sei, und dass ihm das Kuvert dieses Schreibens und die Briefbeilagen nicht ausgehändigt worden seien.

Die Justizvollzugsanstalt führte hierzu aus, dass das Schreiben am 28.01.2022 angehalten worden sei; hierbei seien dem Antragsteller die Beilagen nicht ausgehändigt worden. Der Gefangene habe sich schriftlich (Unterschrift vom 01.02.2022) damit einverstanden erklärt, dass diese Heftungen und das Kuvert zu seiner Habe gegeben werden. Am 08.02.2022 habe er die Herausgabe des Kuverts beantragt. Die Aushändigung des Kuverts sei nach Überprüfung der Briefmarken genehmigt worden. Als ein Bediensteter dieses am 09.03.2022 dem Antragsteller habe aushändigen wollen, habe es der Antragsteller nicht angenommen, da das "eh schon über‚s Gericht" laufe.

Nach Einholung mehrerer Stellungnahmen des Beschwerdeführers hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 28.04.2022 die (in den konkludent verbundenen Ausgangsverfahren 5 StVK 131/22 und 5 StVK 259/22 gestellten) Anträge auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen diesen ihm am 04.05.2022 zugestellten Beschluss hat der Strafgefangene am 20.05.2022 zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Landgerichts Landshut Rechtsbeschwerde hinsichtlich des Verfahrens 5 StVK 131/22 eingelegt und ausdrücklich erklärt, dass im Verfahren 5 StVK 259/22 keine Rechtsbeschwerde eingelegt werde.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Schreiben vom 29.06.2022 die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde als unzulässig beantragt.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da die Nachprüfung der angegriffenen Entscheidung weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1, § 119 Abs. 3 StVollzG) und keine elementaren Verfahrensgrundrechte verletzt wurden.

2. Unabhängig hiervon hätte die Rechtsbeschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt.

Die Zurückweisung der Anträge des Beschwerdeführers durch die Strafvollstreckungskammer ist rechtlich nicht zu beanstanden:

a) Ebenso wie die Strafvollstreckungskammer sieht der Senat in der Aushändigung des Schreibens vom 25.01.2022 am 01.02.2022 keine rechtswidrige Verzögerung, da dessen Inhalt am 28.01.2022 (einem Freitag) geprüft und dieses sodann angehalten wurde, worüber der Beschwerdeführer am 01.02.2022 (einem Montag) informiert wurde.

b) Soweit der Beschwerdeführer die Herausgabe des Kuverts beantragt, ist die Justizvollzugsanstalt laut ihrer Stellungnahme vom 01.04.2022 diesem Verlangen am 09.03.2022 nachgekommen. Dem ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer das Kuvert nicht habe annehmen wollen, ändert hieran nichts.

c) Die Nichtherausgabe der Briefbeigaben an den Antragsteller und deren Hinzunahme zu seiner Habe ist unabhängig davon, ob sich der Beschwerdeführer hiermit unterschriftlich am 01.02.2022 einverstanden erklärt hat, rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Die Justizvollzugsanstalt hat die Zusendung an den Gefangenen als "Paket" gemäß A...

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