Leitsatz (amtlich)

1. Lehnt der Betroffene, für den ein vorläufiger Betreuer bestellt wurde, in dem hiergegen gerichteten Beschwerdeverfahren den vom Amtsgericht ernannten Sachverständigen ab, hat über den Ablehnungsantrag nicht das Landgericht, sondern das Amtsgericht zu entscheiden.

Erklärt gleichwohl das Landgericht den Ablehnungsantrag für unbegründet, ist diese Entscheidung auf sofortige Beschwerde des Betroffenen wegen der mangelnden Zuständigkeit aufzuheben. § 10 ZPO ist nicht entsprechend anwendbar.

2. Zurückweisung der Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Ablehnung eines Sachverständigen und anschließende eigene Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts unter Verwertung des Gutachtens dieses Sachverständigen.

3. Zur Bestellung eines vorläufigen Betreuers durch einstweilige Anordnung.

 

Normenkette

FGG § 15 Abs. 1 S. 1, § 69f; ZPO § 406 Abs. 4 1. Halbsatz, Abs. 2 S. 1, § 10

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 10.02.1997)

LG Regensburg (Beschluss vom 17.01.1997; Aktenzeichen 7 T 650/96)

AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 1113/96)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 17. Januar 1997 aufgehoben, soweit er die Ablehnung des Sachverständigen A betrifft.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 17. Januar 1997 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Ablehnung des Sachverständigen B unzulässig ist.

II. Die weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 10. Februar 1997 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Gemäß einer Anregung der zuständigen Betreuungsbehörde vom 28.11.1996 bestellte das Amtsgericht noch am selben Tag auf der Grundlage des Gutachtens des Stationsarztes A vom 23.9.1996 durch eilige einstweilige Anordnung mit sofortiger Wirksamkeit für den Betroffenen auf die Dauer von sechs Monaten einen Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zum vorläufigen Betreuer und eine weitere Mitarbeiterin des Vereins für den Vertretungsfall. Als Aufgabenkreise bestimmte es die Sorge für die Gesundheit, die Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über die Unterbringung, die Vermögenssorge und die Vertretung in Behördenangelegenheiten.

Im Rahmen der am 5.12.1996 nachgeholten mündlichen Anhörung des Betroffenen vernahm das Amtsgericht A als Sachverständigen und kündigte an, ihn mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens zu beauftragen, was sodann geschah.

Gegen die einstweilige Anordnung vom 28.11.1996 legte der Betroffene Beschwerde ein. Am Ende des im Bezirkskrankenhaus am 19.12.1996 deshalb durchgeführten Anhörungstermins erklärte der Betroffene, nachdem der beigezogene Oberarzt und Arzt für Neurologie und Psychiatrie B ein Gutachten erstattet hatte, die Ärzte A und B abzulehnen, da sie Bedienstete des Bezirkskrankenhauses und deshalb nicht unabhängig seien. Mit Beschluß vom 17.1.1997 erklärte das Landgericht die Ablehnung der beiden Sachverständigen für unbegründet. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde.

Nachdem das vom Amtsgericht in Auftrag gegebene und dort am 31.1.1997 eingegangene schriftliche Gutachten des Sachverständigen A vom 21.1.1997 dem Landgericht zugeleitet worden war, hat dieses die Beschwerde des Betroffenen gegen die einstweilige Anordnung vom 28.11.1996 am 10.2.1997 unter Aufhebung des Aufgabenkreises Sorge für die Gesundheit zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung wendet sich der Betroffene mit der weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde gegen den die Sachverständigenablehnung betreffenden Beschluß vom 17.1.1997 ist zulässig (§ 15 Abs. 1 Satz 1 FGG, § 406 Abs. 5 ZPO). Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht dadurch entfallen, daß das Landgericht bereits vor Rechtskraft dieses Beschlusses in der Hauptsache entschieden hat (vgl. BayObLGZ 1994, 183/185 f.).

Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 17.1.1997, soweit er die Ablehnung des Sachverständigen A zum Gegenstand hat. Das Landgericht war nicht zuständig, hierüber zu entscheiden, weil dieser Sachverständige nicht von ihm, sondern vom Amtsgericht ernannt worden war (§ 406 Abs. 4 1. Halbsatz, Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hieran ändert nichts, daß das Verfahren über die Bestellung eines vorläufigen Betreuers inzwischen beim Landgericht anhängig und der Ablehnungsantrag bei ihm gestellt worden war (vgl. BayObLG Beschluß vom 2.2.1977 – BReg. 3 Z 106/76; OLG Hamburg NJW 1960, 874; Jansen FGG 2. Aufl. § 15 Rn. 67). Der Beachtung des Mangels der Zuständigkeit steht § 10 ZPO nicht entgegen. Für eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung, nach der das Urteil eines Landgerichts nicht aus dem Grund angefochten werden kann, weil die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet gewesen sei, ist kein Raum. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelt die sachliche Zuständigkeit eigenständig und abschließend (vgl. BayObLG a.a.O.; Jürgens BtR § 7 FGG Rn. ...

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