Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Betreuer im Voraus auf seinen Vergütungsanspruch Abschlagszahlungen beantragt, die durch das VormG festgesetzt und von ihm aus dem Vermögen des Betroffenen entnommen worden sind, erlischt sein Vergütungsanspruch in dieser Höhe auch dann nicht, wenn er für die endgültige Geltendmachung seines Vergütungsanspruchs die Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB überschreitet.
2. Ergibt sich bei der endgültigen Vergütungsfestsetzung, dass die aus dem Vermögen des Betroffenen entnommenen Abschlagszahlungen die endgültig festgesetzte Vergütung übersteigen, ist der Betreuer zur Rückzahlung des übersteigenden Betrages im Festsetzungsbeschluss aufzufordern.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 2 S. 3 und 4; FGG § 56g Abs. 1, 6, § 69e S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 13 T 17176/02) |
AG München (Aktenzeichen 712 XVII 4837/96) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde werden der Beschluss des LG München I vom 11.11.2002 und der Beschluss des AG München vom 16.9.2002 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das AG München zurückverwiesen.
Gründe
I. Für die vermögende Betroffene ist seit 17.7.1996 ein Berufsbetreuer mit umfassendem Aufgabenkreis bestellt. Das AG setzte mit Beschluss vom 7.2.2000 für den Zeitraum 1.1.2000 bis 31.12.2000 auf Antrag des Betreuers monatliche Abschlagszahlungen auf seine Betreuervergütung aus dem Vermögen der Betroffenen i.H.v. 2.500 DM fest.
Mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 16.10.2001 und 9.11.2001 wurde der Betreuer auf die 15-Monats-Frist des § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB hingewiesen und um Einreichung seines Vergütungsantrages für das Jahr 2000 gebeten. Dieser ging am 6.3.2002 beim AG ein; nach Anrechnung der Abschlagszahlungen belief sich die geltend gemachte Restvergütung noch auf 7.124,85 Euro.
Das AG setzte für den Zeitraum 1.1. bis 31.12.2000 mit Beschluss vom 16.9.2002 eine Vergütung von 587,17 Euro fest und wies gleichzeitig den Betreuer an, einen Betrag von 14.751,59 Euro an die Betroffene zurückzuzahlen. Zur Begründung führte das AG aus, wegen der verspäteten Geltendmachung seien die Ansprüche bis zum 5.12.2000 erloschen.
Das LG hat die sofortige Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss des AG vom 16.9.2002 am 11.11.2002 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde hinsichtlich der Rechtswirkungen von Abschlagszahlungen auf die Ausschlussfrist und die Rückzahlungsverpflichtung gem. Anweisung des Rechtspflegers zugelassen.
Mit seiner gegen diesen Beschluss eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde will der Betreuer eine Festsetzung der Vergütung für das Jahr 2000 auf 28.822,40 DM erreichen und damit eine Reduzierung der Rückzahlung auf 1.177,60 DM bzw. 602,10 Euro.
II.1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. vom LG zugelassen (§ 69e S. 1, § 56g Abs. 5 S. 2 FGG). Es konnte auf die Frage beschränkt werden, inwieweit der Vergütungsanspruch des Betreuers durch Fristablauf ausgeschlossen ist, erfasst allerdings insoweit auch die Rückzahlungsanordnung. Es hat auch in der Sache Erfolg.
2. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Der Vergütungsanspruch des Betreuers sei für den Zeitraum 1.1. bis 5.12.2000 gem. § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB erloschen, weil er nicht innerhalb der 15-Monats-Frist geltend gemacht worden sei. Der Anspruch entstehe mit Erbringung der Tätigkeit; jedoch begrenze die Ausschlussfrist die Leistungspflicht objektiv, sie bestehe von vornherein nur in der durch die Geltendmachungsfrist bestimmten zeitlichen Begrenzung. Die Bewilligung von Abschlagszahlungen stelle keine Bewilligung einer Vergütung dar, sondern erlaube nur die Abhebung vom Konto des Betroffenen. Konstitutiv sei erst die Vergütungsfestsetzung. Ob Abschlagszahlungen der Höhe nach gerechtfertigt seien, ergebe sich erst nach der Prüfung des Vergütungsantrages; eine Zuvielzahlung durch die Abschlagszahlungen sei denkbar. Dies verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben; ein Vertrauenstatbestand werde durch die Bewilligung der Abschlagszahlung nicht geschaffen. Sie bewirkten auch keine Unterbrechung des Laufs der Ausschlussfrist. Dem Betreuer als einem Rechtsanwalt müssten die Ausschlussfristen bekannt sein. Es sei nicht einzusehen, dass derjenige Betreuer, der Abschlagszahlungen erhalte, bei einer Fristversäumnis besser dastehe als ein Betreuer, der keine erhalte.
3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Die Vergütungsansprüche sind bis zur Höhe der festgesetzten und entnommenen Abschlagszahlungen nicht gem. § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB erloschen. Da der Senat die Betreuervergütung auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen und des Akteninhalts nicht selbst festsetzen kann, war die Sache an das AG zurückzuverweisen.
a) Nach § 1836 Abs. 2 S. 4 Halbs. 1 BGB erlischt der Vergütungsanspruch, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim VormG geltend gemacht wird; nach Halbs. 2 dieser Vorschrift kann das VormG in sinngemäßer Anwendung von § 15 Abs. 3 S. 1 bis 5 des Gesetze...