Leitsatz (amtlich)

›Hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gegen einen Bußgeldbescheid, durch den lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 200 DM festgesetzt worden ist, nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, setzt eine im Rahmen einer (bei der Zulassungsfrage nicht zu berücksichtigenden) Verfahrensrüge der Verletzung des § 74 Abs. 2 OWiG liegende Beanstandung der Versagung des rechtlichen Gehörs voraus, daß der Betroffene bereits im Zulassungsverfahren darlegt, was er im Falle seiner Anhörung geltend gemacht hätte.‹

 

Tatbestand

Das Amtsgericht verwarf den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde vom 24.3.1997, mit dem gegen den Betroffenen wegen Nichteinhaltens eines genügenden Sicherheitsabstandes eine Geldbuße von 200 DM festgesetzt worden war, ohne Verhandlung zur Sache, weil der Betroffene trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens unentschuldigt nicht zur Hauptverhandlung erschienen sei.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung er beantragte. Mit der Verfahrensrüge beanstandete er, daß das Amtsgericht den Einspruch verworfen habe, obwohl der in Berlin wohnende Betroffene sein Erscheinen wegen Reiseunfähigkeit entschuldigt habe und außerdem die Anordnung des persönlichen Erscheinens unverhältnismäßig gewesen sei. Er begehrte die Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und der Versagung des rechtlichen Gehörs. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

1. Gegen den Betroffenen ist lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 200 DM festgesetzt worden. Nach § 80 Abs. 1 und 2 OWiG in der im vorliegenden Fall gültigen Fassung (§ 133 Abs. 2 OWiG in der Fassung des Gesetzes vom 26.1.1998, BGBl I S. 156) darf daher die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

a) Der erste Zulassungsgrund (Fortbildung des materiellen Rechts) besteht offensichtlich nicht.

b) Die Verfahrensrüge der unzulässigen Entscheidung gemäß § 74 Abs. 2 OWIG ist zwar - im Gegensatz zur Auffassung der Staatsanwaltschaft - insoweit zulässig, als der Betroffene sich auf einen Entschuldigungsgrund für sein Nichterscheinen beruft. Er hat ausgeführt, er sei aufgrund einer Erkrankung nicht reisefähig gewesen, dies habe er unter Beifügung eines ärztlichen Attestes über die bestehende Reiseunfähigkeit noch vor dem Termin dem Amtsgericht per Telefax mitgeteilt. Der Begründung ist ferner zu entnehmen, das Amtsgericht habe eine nicht genügende Entschuldigung angenommen, obwohl es erkennbar von der Unrichtigkeit des ärztlichen Attestes nicht ausgegangen sei. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG sind aber Verfahrensrügen nicht zugelassen, wenn - wie hier - gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als 200 DM festgesetzt worden ist.

Soweit der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe in unzulässiger Weise sein persönliches Erscheinen angeordnet, ist außerdem diese Rüge schon nicht ordnungsgemäß (§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben. Die Beschwerdebegründung teilt nicht mit, weshalb das Amtsgericht das persönliche Erscheinen des Betroffenen angeordnet hatte. Im übrigen wäre diese Rüge auch unbegründet (vgl. BGHSt 30, 172/176; BayObLGSt 1996, 157).

c) Mit den Verfahrensrügen der Verletzung des S 74 Abs. 2 OWIG a. F. (§ 133 Abs. 1 OWiG n. F.) wird hier auch die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend gemacht. Diese Verfahrensrüge ist aber jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Betroffene nicht dargelegt hat, was er im Fall seiner Anhörung geltend gemacht hätte. Diese Darlegung ist erforderlich, weil bereits im Zulassungsverfahren abschließend geprüft wird, ob das rechtliche Gehör verletzt worden ist. Da § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWIG auch im Zulassungsbereich einschlägige Verfassungsbeschwerden dadurch vermeiden will, daß in begründeten Fällen der Verfassungsverstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG innerhalb der Fachgerichtsbarkeit bereinigt wird (Göhler OWiG 12. Aufl. § 80 Rn. 16 a), muß für den Rechtsbeschwerdevortrag nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 StPO das gleiche verlangt werden wie. für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde (BayObLG vom 19.3.1992 - 2 ObOWi 17/92; vom 23.6.1998 - 2 ObOWi 295/98; OLG Schleswig SchlHA 1989, 116; OLG Düsseldorf VRS 81, 389/390; OLG Köln NZV 1992, 419). Es genügt somit nicht, den Verfahrensverstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG darzutun, weil das Rechtsbeschwerdegericht abstrakt von der Möglichkeit ausgehen kann, das Urteil beruhe auf einer darin liegenden Versagung des rechtlichen Gehörs. Vielmehr müssen konkret die Tatsachen dargelegt werden, aufgrund derer die Beruhensfrage geprüft werden kann (vgl. BGHSt 30, 331; OLG Köln aaO; BayVerfGH vom 19.11.1993 Vf 153 - VI - 92; vgl. auch Gähler aaO Rn. 16 c, 16 i).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993769

DRsp IV(468)211a

DAR 1998, 480

NStZ-RR 1999, 24

NZV 1999, ...

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