Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass einer Annahmeanordnung der Hinterlegungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1. Wird durch eine Beschwerdeentscheidung nach § 24 Abs. 2 EGGVG i. V. m. Art. 8 Abs. 1 BayHintG eine Partei erstmals beschwert, bedarf es vor der Antragstellung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG i. V. m. Art. 8 Abs. 3 BayHintG nicht der Durchführung eines Beschwerdeverfahrens nach § 24 Abs. 2 EGGVG i.V. m. Art. 8 BayHintG.
2. Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 BayHintG ist im Fall einer auf §§ 372 ff. BGB gestützten Hinterlegung keine drittschützende Norm. Der Erlass einer Annahmeanordnung der Hinterlegungsstelle berührt den möglichen Empfänger (Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG) nicht in seinen Rechten.
Normenkette
BayHintG Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 372-373; EGGVG § 24 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Aktenzeichen 70 4 HL 287/19) |
Tenor
1. Der Bescheid des Amtsgerichts Nürnberg vom 4. Februar 2020, Az. 70 4 HL 287/19 wird aufgehoben.
2. Die Beschwerden des weiteren Beteiligten vom 15. Oktober 2019 gegen den Bescheid des Amtsgerichts Nürnberg vom 8. Oktober 2019 über die Annahme zur Hinterlegung einer Geldsumme i. H. v. 191.437,39 EUR in der berichtigten Fassung vom 5. November 2019 sowie vom 25./29. Oktober 2019 gegen den Bescheid des Amtsgerichts Nürnberg vom 25. Oktober 2019 über die Annahme zur Hinterlegung einer Geldsumme i. H. v. 648,06 EUR in der berichtigten Fassung vom 5. November 2019 werden als unzulässig verworfen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert wird auf 192.085,45 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufhebung zweier Annahmeanordnungen der Hinterlegungsstelle auf Beschwerde des weiteren Beteiligten, der in den Anträgen auf Annahme von Geldsummen als möglicher Empfänger angegeben worden war.
Zur Begründung ihres Antrags gemäß Art. 11 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 BayHintG vom 1. Oktober 2019 hat die Antragstellerin ausgeführt, sie sei zur Testamentsvollstreckerin bestellt worden und habe die in dem notariell beurkundeten Testament vom 23. Oktober 2014 den Erben C. F. und K. F. gemachte Auflage zu erfüllen, insbesondere Verbindlichkeiten auf Grundstücken abzulösen, die sich im Eigentum des Enkels der Erblasserin oder einer von diesem gehaltenen Gesellschaft befinden. Das Grundstück T.weg 13 in K. stehe im Eigentum einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Erbe C. F. sei. Aus dem dem Antrag beigefügten Grundbuchauszug ergibt sich, dass zwei Grundschulden für diese GmbH am 8. Dezember 2014 an den weiteren Beteiligten abgetreten worden sind. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der weitere Beteiligte, der auf der Grundlage des notariell beglaubigten Darlehensvertrags vom 8. Dezember 2014 in Tranchen insgesamt 301.524,02 EUR an die GmbH ausgezahlt habe, befinde sich seit 15. August 2019 im Annahmeverzug. Er sei mit anwaltlichem Schreiben vom 1. August 2019 aufgefordert worden, seine Forderung konkret der Höhe nach darzulegen, damit Zug um Zug gegen Zahlung die erforderlichen Löschungsbewilligungen erteilt werden könnten. In dem als Anlage beigefügten Schriftsatz vom 1. August 2019 an den weiteren Beteiligten führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin insbesondere aus, der genaue Zugang einer Kündigung des Darlehensvertrags sei bislang nicht nachvollziehbar. Unklar erscheine ihm auch die Berechnung des Rückzahlungsbetrags im Schreiben des weiteren Beteiligten vom 20. Dezember 2018. Würden die - näher bezeichneten - Korrekturen übernommen, könne ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ein Verzugsbeginn zum 1. Dezember 2018 für die Berechnung der Darlehensschulden in Aussicht gestellt werden. Sobald sich der Rückzahlungsanspruch "schlüssig darstellen lasse", werde die Antragstellerin entsprechend der testamentarischen Vorgaben, unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des hierzu bestimmten Teils des Nachlasses, die Restschuld auf das Darlehen vom 8. Dezember 2014 Zug um Zug gegen Übergabe zweier Löschungsbewilligungen sowie des Schuldanerkenntnisses vom 8. Dezember 2014 zahlen, wobei zur Abwicklung ein Notar eingeschaltet werden müsste.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2019, der am 5. November 2019 wegen eines offensichtlichen Schreibversehens berichtigt worden ist, hat das Amtsgericht Nürnberg - Hinterlegungsstelle - die Annahme einer Geldsumme von 191.437,39 EUR zur Hinterlegung angeordnet. Die Antragstellerin habe als Testamentsvollstreckerin nach dem Testament vom 23. Oktober 2014 die Aufgabe zu erfüllen, auf dem Grundstück T.weg 13 in K. lastende Verbindlichkeiten zu begleichen. Der Grundschuldgläubiger habe auf ihre entsprechenden Anfragen bisher nicht adäquat reagiert und befinde sich nunmehr im Annahmeverzug. Als möglichen Empfänger habe die Hinterlegerin den weiteren Beteiligten angegeben, der gemäß Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG Beteiligter des Hinterlegungsverfahrens sei. Die Hinterlegerin habe die Empfangsberechtigung des Gläubigers na...