Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
LG Augsburg (Aktenzeichen 7 T 3738/95) |
AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 66/95) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 27. August 1996 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Am 17.11.1992 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Mehrheit eine Änderung des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels. Dieser Beschluß wurde nicht angefochten.
In der Eigentümerversammlung vom 2.5.1995 beantragte der Antragsteller, die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels rückgängig zu machen. Die Wohnungseigentümer beschlossen mehrheitlich, über diesen Antrag nicht abzustimmen.
Am 16.5.1995 hat der Antragsteller beantragt, den „Eigentümerbeschluß” vom 2.5.1995 für ungültig zu erklären. Weiter hat er beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 17.11.1992 „aufzuheben”, weil dieser Beschluß rechtswidrig und damit ungültig sei. Das Amtsgericht hat am 31.7.1995 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 27.8.1996 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluß vom 17.11.1992 sei verbindlich. Werde der in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Kostenverteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluß geändert, so werde dieser bestandskräftig, wenn er wie hier nicht in der Frist des § 23 Abs. 4 WEG angefochten worden ist.
Der „Beschluß” vom 2.5.1995 könne nicht für ungültig erklärt werden, weil ein Beschluß der Wohnungseigentümer nicht gefaßt worden sei.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Haben die Wohnungseigentümer den in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Maßstab der Beteiligung an den Kosten des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums durch Mehrheitsbeschluß geändert, so wird dieser Beschluß bestandskräftig, wenn er wie hier nicht in der Frist des § 23 Abs. 4 WEG angefochten worden ist (BGHZ 127, 99 = NJW 1994, 3230; BayObLG NJW-RR 1993, 85 f.; Palandt/Bassenge BGB 55. Aufl. § 10 WEG Rn. 19). Der Eigentümerbeschluß vom 17.11.1992 ist damit verbindlich. Ein Fall, in dem Nichtigkeit eines vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschlusses angenommen wird (vgl. BayObLG NJW-RR 1987, 329; OLG Düsseldorf MittRhNotK 1996, 261), liegt nicht vor.
b) Der vom Antragsteller in der Eigentümerversammlung vom 2.5.1995 gestellte Antrag, die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels rückgängig zu machen, hat keine Mehrheit gefunden. Es liegt ein „Nichtbeschluß” vor, der keinerlei Wirkung hat und daher auch nicht der Anfechtung nach § 23 Abs. 4 WEG unterliegt.
Die unzulässige Anfechtung eines Nichtbeschlusses ist jedoch unter bestimmten Umständen als zulässiger Antrag auf Entscheidung über die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung auszulegen (vgl. dazu im einzelnen BayObLGZ 1972, 150/153 ff.). Die Voraussetzungen für eine solche Auslegung lägen hier vor, wenn man unter Zugrundelegung der Auffassung von Weitnauer (WE 1995, 163/165) und Hauger (WE 1993, 231/234) einen Anspruch des Antragstellers bejaht, jederzeit die Aufhebung des Eigentümerbeschlusses vom 17.11.1992 als Maßnahme einer ordnungsmäßigen Verwaltung zu verlangen (vgl. dazu auch Weitnauer/Lüke WEG 8. Aufl. § 10 Rn. 56). Die genannten Autoren gehen davon aus, daß ein die Gemeinschaftsordnung ändernder, nicht angefochtener Mehrheitsbeschluß, sofern er nicht in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreift, zwar nicht nichtig, sondern wirksam, wenn auch nicht bestandskräftig ist; ein solcher Eigentümerbeschluß könne aber die Gemeinschaftsordnung nicht abändern, sondern überlagere sie nur; weil er rechtswidrig sei, könne er jederzeit mit Wirkung ex nunc aufgehoben werden und jeder Wohnungseigentümer könne jederzeit gemäß § 21 Abs. 4 WEG die Aufhebung verlangen. Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen (so auch Demharter FGPrax 1995, 133/134; offengelassen von Wenzel, WE 1995, 355/360). Sie ist mit der gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 4 WEG nicht zu vereinbaren. Die Rechtswidrigkeit eines nicht nichtigen Mehrheitsbeschlusses kann nur innerhalb der dort genannten materiellen Ausschlußfrist geltend gemacht werden. Wird er nicht angefochten und für ungültig erklärt, wird er bestandskräftig und verliert damit den Makel der Rechtswidrigkeit. Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann dann nicht mehr die Beseitigung des Eigentümerbeschlusses, sondern vielmehr seine Beachtung verlangt werden, weil der Eigentümerbeschluß die Gemeinschaftsordnung geändert hat.
c) Der Senat ist im Hinblick auf den Beschl...