Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung
Verfahrensgang
AG Dachau (Entscheidung vom 04.10.1990; Aktenzeichen 4 UR II 13/90) |
LG München II (Entscheidung vom 08.02.1990; Aktenzeichen 6 T 1681/90) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 8. Februar 1991 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Häusern – einem Altbau und einem Neubau – bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Die Kosten für die Versorgung der Wohnanlage mit Kaltwasser er werden gemäß § 4 Abs. 3 Buchst. d der Gemeinschaftsordnung (GO) nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer umgelegt.
Die Antragstellerin bewohnt den Neubau; dort sind im Gegensatz zum Altbau Zähler für den Kaltwasserverbrauch in jeder Eigentumswohnung eingebaut.
In der Eigentümerversammlung vom 7.6.1990 wurde über den Antrag der Antragstellerin, die Kosten für den Kaltwasserbezug im Neubau nach dem tatsächlichen Verbrauch in jeder Wohnung zu berechnen, abgestimmt. Es ergab sich folgendes Stimmenverhältnis:
240/1000 |
Ja-Stimmen |
183/1000 |
Nein-Stimmen |
476/1000 |
Enthaltungen |
Nach § 4 Abs. 4 GO kann eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels mit einer 3/4-Mehrheit beschlossen werden. Gemäß § 13 Abs. 5 GO bemißt sich das Stimmrecht nach den Miteigentumsanteilen. In § 13 Abs. 6 GO ist bestimmt, daß bei der Feststellung der Stimmenmehrheit von der Zahl der abgegebenen Stimmen auszugehen ist, wobei Stimmenthaltungen als Gegenstimmen gelten.
In der Niederschrift über die Versammlung vom 7.6.1990 ist festgehalten, daß der Antrag der Antragstellerin abgelehnt worden ist.
Die Antragstellerin hat am 4.7.1990 beantragt, „den Beschluß aufzuheben”; hilfsweise hat sie beantragt, festzustellen, daß ihr Antrag mehrheitlich angenommen worden sei. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 4.10.1990 den Antrag abgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, „den Beschluß” der Wohnungseigentümer vom 7.6.1990 „aufzuheben” und festzustellen, daß beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 1990/1991 der Kaltwasserverbrauch im Neubau nach dem tatsächlichen Verbrauch in den einzelnen Wohnungen zu ermitteln und zu berechnen sei. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8.2.1991 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat unter teilweiser Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts ausgeführt:
Nach § 4 Abs. 3 Buchst. d GO müßten die Kosten für den Kaltwasserverbrauch von allen Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile getragen werden. Diese Regelung sei wirksam. Sie stimme mit § 16 Abs. 2 WEG überein; es seien auch keine außergewöhnlichen Umstände ersichtlich, die ein Festhalten an ihr als grob unbillig erscheinen ließen, zumal der Antragstellerin beim Erwerb ihrer Eigentumswohnung der Verteilungsschlüssel bekannt gewesen sei und sie sich darauf habe einstellen können. Die genannte Bestimmung der Gemeinschaftsordnung unterliege nicht einer Kontrolle nach dem AGBG, weil es sich bei der Gemeinschaftsordnung nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne dieses Gesetzes handle.
Nach § 4 Abs. 4 GO könne zwar eine Änderung des in § 4 Abs. 3 Buchst. d GO bestimmten Kostenverteilungsschlüssels mit einer 3/4-Mehrheit beschlossen werden. In der Eigentümerversammlung vom 7.6.1990 sei ein entsprechender Antrag aber abgelehnt worden, weil nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Regelung des § 13 Abs. 6 GO Stimmenthaltungen als Gegenstimmen zu gelten hätten.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Der Antrag, den „Eigentümerbeschluß” vom 7.6.1990 „aufzuheben”, also für ungültig zu erklären, ist unbegründet.
Es fehlt an einem Beschluß, der nach § 23 Abs. 4, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt werden könnte. Ein Beschluß im Sinn der genannten Vorschriften liegt nur vor, wenn sich die Mehrheit für einen Antrag ausgesprochen und dadurch eine Regelung getroffen hat. Wird ein Antrag abgelehnt, dann ist ein Eigentümerbeschluß, der angefochten werden könnte, gar nicht vorhanden (BayObLG ZMR 1986, 319). Hier haben die Wohnungseigentümer auf der Versammlung vom 7.6.1990 den Antrag der Antragstellerin mit 659/1000 gegen 240/1000 Stimmen abgelehnt.
(1) Stimmberechtigt waren auch die Bewohner des Altbaus. Die Rechtsprechung, wonach in Angelegenheiten, die nur eine Hausgemeinschaft berühren, allein deren Mitglieder zur Mitbestimmung berufen sind (BayObLGZ 1975, 177/180; 1983, 314/323), ist auf eng umgrenzte Ausnahmefälle beschränkt (Senatsbes...