Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Wohnungseigentumssache: Nutzung von Dachgeschossräumen als Wohnraum;. Anspruch auf Zustimmung zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung. Abgabe einer Willenserklärung
Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn die Gemeinschaftsordnung deren Abänderung mit qualifizierter Mehrheit der Wohnungseigentümer (sogenannte Öffnungsklausel) ermöglicht, steht dies jedenfalls bei Änderung der Zweckbestimmung von Wohnungseigentum einem gerichtlichen Antrag der Wohnungseigentümer, den nicht zustimmenden Wohnungseigentümer zur Abgabe der erforderlichen Änderungserklärung zu verpflichten, nicht entgegen.
2. Der rechtskräftige gerichtliche Beschluß, mit dem ein Antrag auf Unterlassung der der Gemeinschaftsordnung widersprechenden Nutzung von Dachgeschoßräumen als Wohnraum abgewiesen wird, enthält zugleich die positive Feststellung, daß der betroffene Wohnungseigentümer die Räume als Wohnraum benutzen darf.
3. Aufgrund der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht kann im Einzelfall ein Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Zustimmung zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung und Abgabe der erforderlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen bestehen, wenn die Zweckbestimmung der tatsächlichen, auf Dauer angelegten und erlaubten Nutzung angepaßt und als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen werden soll.
Normenkette
WEG §§ 10, 15 Abs. 1; ZPO §§ 265, 322; BGB § 242
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 906/99; BayObLGZ 2001, Nr. 22) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 14094/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 10. Oktober 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beschluß des Amtsgerichts München vom 19. Juli 2000 wie folgt abgeändert wird:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet,
einer Änderung der Teilungserklärung vom 13.12.1982 (Urk. R. Nr. 8999/82 des Notars … in München) bezüglich des Wohnungs- und Teileigentums an dem Flurstück … der Gemarkung … dergestalt zuzustimmen, daß das in der Teilungserklärung als Hobbyraum bezeichnete Sondereigentum des Teileigentums Nr. 10 und der mit dem Sondereigentum der Wohnung Nr. 9 vereinigte Teil des Sondereigentums des Teileigentums Nr. 10 als Wohnräume genutzt werden dürfen,
und
- die Eintragung dieser Änderung in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher zu bewilligen.
II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller, die Antragsgegnerin sowie die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus neun Wohnungen und dem im Dachgeschoß gelegenen Raumeigentum Nr. 10 besteht, das im Nachtrag vom 4.3.1983 zur Teilungserklärung vom 13.12.1982 und im Aufteilungsplan als Hobbyraum bezeichnet ist und sich ursprünglich über das gesamte Dachgeschoß erstreckte.
Die Gemeinschaftsordnung (GO) enthält in § 13 folgende Regelung:
Die Gemeinschaftsordnung kann vorbehaltlich der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen mit Dreiviertelmehrheit aller Wohnungseigentümer und aller Miteigentumsanteile abgeändert werden. Sondernutzungsrechte können aber nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer begründet werden. …
Die Antragsgegnerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 30.4.1984 Miteigentumsanteile von 81,34/1000 und 1/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an der im 3. Obergeschoß gelegenen Wohnung Nr. 6 nebst dazugehörigem Kellerabteil sowie an einem Stellplatz in der Tiefgarage. Abschnitt XIV. des Vertrags hat folgenden Wortlaut:
Dem Käufer ist bekannt, daß der Verkäufer beabsichtigt, das Dachgeschoß im Anwesen … auszubauen. Der Käufer erteilt hiermit dem Verkäufer Vollmacht, alle hierzu erforderlichen Erklärungen, Bewilligungen und Anträge gegenüber Behörden, Notar und Gericht zu stellen sowie – soweit erforderlich – die Teilungserklärung entsprechend zu ändern und deren Vollzug im Grundbuch zu veranlassen. Der Käufer duldet weiterhin den Ausbau dieses Dachgeschosses und alle damit verbundenen Bautätigkeiten.
Die Antragsteller sind die Eigentümer der im 4. Obergeschoß gelegenen Wohnungen Nrn. 8 und 9. Während dem Eigentum Nr. 9 des Antragstellers zu 3 zwischenzeitlich der über seiner Wohnung befindliche und abgemauerte Teil des Dachgeschosses zugeschrieben ist, gehört den Antragstellern zu 1 und 2 als Teileigentum Nr. 10 der restliche Speicherraum, der über ihrer Wohnung Nr. 8 gelegen ist. Die Antragsteller nutzen ihr jeweiliges Sondereigentum im Dachgeschoß, das über eine Wendeltreppe mit den darunter liegenden Wohnungen verbunden ist, als Schlaf- und Badezimmer.
Den Antrag der Antragsgegnerin, es den Antragstellern zu 1 und 2 zu verbieten, den über ihrem Sondereigentum befindlichen Speicherraum zum dauernden Wohnen zu nutzen, hat das Amtsgericht mit rechtskräftigem Beschluß vom 14.5.1997 abgewiesen (vgl. auch BayObLG Beschluß vom 29.5.1998, 2Z BR 175/97 = NZM 199...