Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Erfordernis der Abgeschlossenheit innerhalb einer Eigentumsanlage
Verfahrensgang
LG Passau (Entscheidung vom 14.05.1990; Aktenzeichen 2 T 13/90) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts Passau vom 14. Mai 1990 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Passau … vom 11. Januar 1990, soweit sie noch nicht erledigt ist, aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 mit 3 sind die Miteigentümer nach Bruchteilen einer als Laden Nr. 413 bezeichneten Teileigentumseinheit im Erdgeschoß einer Eigentumswohnanlage. Die Beteiligte zu 4 ist Eigentümerin der als Laden Nr. 316 bezeichneten Teileigentumseinheit im Erdgeschoß der auf dem Nachbargrundstück gelegenen Eigentumswohnanlage. Die beiden Teileigentumseinheiten liegen jeweils an der Grundstücksgrenze und berühren einander. Die Beteiligten planen eine gemeinsame Nutzung der beiden Ladenlokale in der Weise, daß der Laden Nr. 413 um einen Teil des Ladens Nr. 316 vergrößert und insgesamt als Selbstbedienungsladen verwendet wird, während der Rest des Ladens Nr. 316 um eine Teilfläche des Ladens Nr. 413 vergrößert und als Fleisch- und Wurstwarenabteilung mit Imbiß genutzt werden soll. Dementsprechend fehlt teilweise eine körperliche Abtrennung zwischen den Läden, teilweise befinden sich die Trennmauern nicht auf der Grundstücksgrenze. Um die geplante Nutzung auf Dauer abzusichern, haben die Beteiligten zu 1 mit 3 einerseits und die Beteiligte zu 4 andererseits sich jeweils Grunddienstbarkeiten bewilligt, darunter auch ein wechselseitiges Verbot, die beiden Ladeneinheiten durch Mauern, Trennwände oder dergleichen voneinander abzutrennen.
Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag für diese Grunddienstbarkeiten mit Zwischenverfügung vom 11.1.1990 beanstandet. Denn es könne nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein, die zur Entstehung von Wohnungseigentum erforderliche Abgeschlossenheit nicht herzustellen. Außerdem böten die Dienstbarkeiten dem jeweils anderen Teileigentum keinen unmittelbaren Vorteil. Ohne Rücknahme der Anträge dieser Dienstbarkeit könnten die übrigen Dienstbarkeiten auch nicht eingetragen werden.
Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung mit Beschluß vom 14.5.1990 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Nicht begründet sei zwar das Bedenken des Grundbuchamts, die Eintragung der Grunddienstbarkeiten scheitere schon an § 1019 BGB. Denn für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit reiche auch ein mittelbarer Vorteil für das herrschende Grundstück, wie er bei der Förderung des Gewerbebetriebs auf dem herrschenden Grundstück regelmäßig vorliege. Richtig sei aber die Auffassung des Grundbuchamts, das Abtrennungsverbot verstoße gegen die Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts und dürfe deshalb nicht eingetragen werden. Zwar seien trotz der fehlenden Abgeschlossenheit zwei selbständige Teileigentumseinheiten entstanden, doch hätte das Grundbuchamt die Eintragung des Teileigentums im Grundbuch verweigern dürfen, wenn es gewußt hätte, daß die Abgeschlossenheit tatsächlich fehlt. Aus der in Unkenntnis dieses Umstands vorgenommenen Eintragung könne aber nicht gefolgert werden, daß auch künftig vom Erfordernis der Abgeschlossenheit abgesehen werden dürfe. Ebenso wie das Grundbuchamt nicht dazu beitragen dürfe, daß Wohnungs- oder Teileigentum ohne Abgeschlossenheit entstehe, dürfe es durch die Eintragung der Grunddienstbarkeiten auch nicht dazu beitragen, § 3 Abs. 2 WEG auf Dauer außer Kraft zu setzen. Daß die beiden betroffenen Teileigentumseinheiten nicht auf demselben Grundstück, sondern auf zwei Grundstücken lägen, sei ohne Bedeutung.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand, da das angenommene Eintragungshindernis nicht besteht. Demgemäß ist die Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufzuheben.
a) Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nur die in der Zwischenverfügung des Grundbuchamts erhobenen Beanstandungen, soweit sie das Landgericht für begründet hält (BayObLGZ 1986, 208/212 f.). Daß die Eintragung der beantragten Grunddienstbarkeiten nicht am Fehlen von Vorteilen für das herrschende Teileigentum nach § 1019 BGB scheitert, hat das Landgericht zutreffend und überzeugend dargelegt.
b) Die Eintragung der Grunddienstbarkeiten scheitert aber auch nicht an einem Verstoß gegen die Grundsätze des Wohnungseigentumsrechts, denn die hier betroffenen Teileigentumseinheiten liegen auf zwei verschiedenen Grundstücken. Zwar verlangt § 3 Abs. 2 WEG für die Entstehung von Wohnungs- oder Teileigentum die Abgeschlossenheit der zum Sondereigentum erklärten Räume. Der Begriff „in sich abgeschlossen” (Abgeschlossenheit) ist aber nicht nur nach dem Wortlaut, sondern nach Sinn und Zweck der Gesetzesbestimmung ins...