Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Anfechtbarkeit eines die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit ablehnenden Beschlusses

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 06.06.1988; Aktenzeichen 1 T 10281/88)

AG München (Entscheidung vom 25.04.1988; Aktenzeichen UR II 1073/87)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts MünchenIvom 6. Juni 1988 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer 1984 errichteten Wohnanlage.

Auf den Antrag der Antragsteller vom 26.10.1987 verpflichtete das Amtsgericht mit Beschluß vom 22.1.1988 den Antragsgegner, an die Antragsteller 4 324,25 DM nebst 4% Zinsen daraus seit 1.1.1988 sowie weitere 305 DM zu bezahlen.

Entsprechend der Antragsschrift sind die Antragsteller im Rubrum des Beschlusses des Amtsgerichts bezeichnet als „Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … (Straße, Haus-Nr., Ort) – mit Ausnahme des Antragsgegners –”. Eine Eigentümerliste ist weder der Antragsschrift noch dem amtsgerichtlichen Beschluß beigefügt. Der Beschluß wurde nicht angefochten.

Mit Schriftsatz vom 7.3.1988, dem eine Eigentümerliste mit Stand vom 1.9.1986 beigefügt ist, haben die Antragsteller beim Amtsgericht beantragt, den Beschluß vom 22.1.1988 „dahingehend zu ergänzen, daß die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … einzeln aufgeführt werden.”

Mit Beschluß vom 25.4.1988 hat das Amtsgericht den Antrag mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 319 ZPO lägen nicht vor, weil das Gericht das Rubrum nicht versehentlich, sondern bewußt in der gewählten Form gefaßt habe. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller dagegen hat das Landgericht mit Beschluß vom 6.6.1988 als unstatthaft verworfen.

Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

1. Das Rechtsmittel der Antragsteller ist zulässig, weil das Landgericht ihre Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat (BayObLGZ 1965, 140/141; Jansen FGG 2. Aufl. Rn. 4, Keidel/Kuntze FGG 12. Aufl. Rn. 6, jeweils zu § 27). Ob die weitere Beschwerde hier fristgebunden oder unbefristet ist, kann offenbleiben, da die Antragsteller die Frist für eine sofortige weitere Beschwerde eingehalten haben.

2. Der Senat hält die (sofortige) weitere Beschwerde für unbegründet, weil nach seiner Auffassung das Landgericht die Erstbeschwerde zu Recht als unstatthaft verworfen hat. Daran sieht er sich indes durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 10.3.1987 (ZMR 1987, 232) gehindert. Denn wenn sich der Senat dieser Entscheidung anschlösse, wäre die Erstbeschwerde vom Landgericht zu Unrecht verworfen worden. Der Senat müßte dann die Erstbeschwerde auf ihre Begründetheit prüfen und in jedem fall die Entscheidung des Landgerichts abändern und zwar sie entweder aufheben oder dahin abändern, daß die Erstbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen wird. Deshalb legt er die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor (§ 28 Abs. 2, 3 FGG). Diese hängt von der Beantwortung der Rechtsfrage ab, ob ein Beschluß des Amtsgerichts, der eine Berichtigung oder Ergänzung eines Beschlusses über die Hauptsache in einem Wohnungseigentumsverfahren aus sachlichen Gründen ablehnt, in entsprechender Anwendung von § 319 Abs. 3 ZPO jedem Rechtsmittel entzogen ist.

a) Weder die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes noch das nach § 43 Abs. 1 WEG anzuwendende Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit enthalten Regeln darüber, ob und gegebenenfalls wie gerichtliche Beschlüsse in diesem Verfahren in Rubrum, Tenor oder Entscheidungsgründen berichtigt oder ergänzt werden können.

Es entspricht der einhelligen Ansicht, daß diese Regelungslücke im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch entsprechende Anwendung der für diese Fragen einschlägigen Vorschriften der Zivilprozeßordnung zu schließen ist (z. B. BayObLGZ 1965, 137 zu § 320 ZPO; BayObLGZ 1968, 190/193, 1985, 184/187 zu § 319 ZPO m.w.Nachw.; Schlegelberger FGG 7. Aufl. Rn. 2, Jansen FGG 2. Aufl. Rn. 37, Keidel/Reichert FGG 12. Aufl. Rn. 57, Bassenge/Herbst FGG/RpflG 4. Aufl. Anm. II 2, Bumiller/Winkler FGG 4. Aufl. Anm. 1 c, jeweils zu § 18).

b) Umstritten ist hingegen, ob neben § 319 Abs. 1 und 2 ZPO auch § 319 Abs. 3 ZPO entsprechend anwendbar ist. Die herrschende Meinung verneint dies, einer nicht näher begründeten Entscheidung des Kammergerichts (DFG 1937, 87) folgend, und hält es für richtig, entgegen § 319 Abs. 3 ZPO ein Rechtsmittel auch gegen einen die Berichtigung ablehnenden Beschluß ohne Einschränkungen zuzulassen (vgl. BGH RdL 1955, 73; OLG Düsseldorf OLGZ 1970, 126; OLG Frankfurt OLGZ 1979, 390; OLG Zweibrücken ZMR 1987, 232; Jansen Rn. 37, Keidel/Reichert Rn. 58, Bassenge/Herbst Anm. II 2, Bumiller/Winkler Anm. 1 c, jeweils zu § 18; anderer Ansicht allerdings ...

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