Leitsatz (amtlich)
Gesetz der Rußländischen Sowjetischen Föderativen Sozialistischen Republik zur Bestätigung des Ehe- und Familienkodex der RSFSR vom 30.7.1969, Art. 8, Art. 108 Abs. 3 und 5
Gesetzbuch der ehemaligen Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik vom 6.8.1969 über Ehe und Familie, Art. 110 Abs. 2 Satz 2 bis 4, Abs. 3
Enthält bei einer in der ehemaligen UdSSR (Kasachstan) vorgenommenen Stiefkindadoption der Adoptionsbeschluß keine Feststellung darüber, daß die Rechtsbeziehungen des angenommenen Minderjährigen gegenüber einem leiblichen Elternteil bestehen bleiben, wohl aber die Feststellung, daß dieser Elternteil mit dem Annehmenden in einer Ehe zusammenlebt, so ist bei der Eintragung des Kindes in Spalte 9 des Familienbuchs davon auszugehen, daß die Rechtsbeziehungen des Kindes zu diesem leiblichen Elternteil nicht erloschen sind, sofern auch die Adoptionsurkunde ihn als Elternteil des angenommenen Kindes ausweist.
Normenkette
PStG §§ 15, 47; FGG § 16a; BGB § 1754
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 24.09.1998; Aktenzeichen 43 T 245/98) |
AG Schweinfurt (Beschluss vom 02.09.1998; Aktenzeichen UR III 55/98) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 werden die Beschlüsse des Landgerichts Schweinfurt vom 24. September 1998 und des Amtsgerichts Schweinfurt vom 2. September 1998 aufgehoben.
II. Der Antrag des Beteiligten zu 4 auf Berichtigung der Eintragung in Spalte 9 des Familienbuchs wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 3 wurde am 16.12.1980 in Kasachstan (Gebiet der ehemaligen Russischen Föderation) von der Beteiligten zu 1, einer sowjetischen (kasachischen) Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit geboren. Nachdem die Vaterschaft von einem sowjetischen Staatsbürger anerkannt worden war, schloß die Mutter am 16.7.1982 mit dem Beteiligten zu 2, gleichfalls sowjetischer und kasachischer Staatsbürger, in Kasachstan die Ehe, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind mit ihren Kindern als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen. Der Standesbeamte hat am 5.7.1996 antragsgemäß ein Familienbuch angelegt und in Spalte 9 auch die Beteiligte zu 3 als gemeinsames Kind der Ehegatten eingetragen Hierzu haben die Beteiligten zu 1 und 2 eine am 20.11.1990 von einem Standesamt in Kasachstan ausgestellte Adoptionsurkunde vorgelegt, in der bezeugt wird, daß die Beteiligte zu 3 von den Beteiligten zu 1 und 2 adoptiert und daß die Registrierung der Adoption am 20.11.1990 durchgeführt wurde. Zudem legten sie den Beschluß des Exekutivkomitees beim Sowjet der Volksdeputierten vom 6.11.1990 vor. Dieser lautet wie folgt:
Der Vorsitzende … prüfte den Antrag von … (Beteiligter zu 2) auf Adoption der Minderjährigen … (Beteiligte zu 3). Der Vorsitzende zieht in Betracht die Tatsache, daß der Kindsvater … seine Tochter zur Adoption durch … freigab. Die Mutter war mit der Adoption einverstanden. … (Beteiligte zu 1 und 2) leben lt. Heiratsurkunde … seit 8 Jahren in einer registrierten Ehe. Aus dieser Ehe haben sie ein gemeinsames Kind.
Gemäß Art. 100, 104 des Ehe- und Familiengesetzes der Republik Kasachstan beschloß der Vorsitzende des Exekutivkomitees beim Sowjet der Volksdeputierten: 1. Dem Antrag von … (Beteiligter zu 2) … wird stattgegeben. Der Minderjährigen wird der Vatersname … zuerkannt. … (Beteiligte zu 2) wird als Kindsvater registriert. 2. Eine Kopie dieses Beschlusses wird an das Standesamt für die Registrierung der Adoption geleitet.
Nach der Einbürgerung der Beteiligten zu 1 bis 3 hat die Standesamtsaufsicht (Beteiligter zu 4) mit Schreiben vom 29.7.1998 beim Amtsgericht gemäß § 47 Abs. 2 PStG beantragt, das Familienbuch dahingehend zu berichtigen, daß der Eintrag des Kindes in Spalte 9 unwirksam sei. Hierzu hat er vorgetragen, die im Ausland ausgesprochene Adoption könne im Inland nicht anerkannt werden. Nach dem maßgebenden ausländischen Recht bewirke auch die Adoption durch den Ehemann der Mutter grundsätzlich, daß die Rechtsbeziehungen zu beiden leiblichen Elternteilen aufgelöst würden. Diese Rechtsfolge trete nur dann nicht ein, wenn im Adoptionsbeschluß ausdrücklich festgestellt sei, daß die Mutter auf ihren Wunsch hin die Elternrechte behalte. Eine solche Regelung fehle in dem vorliegenden Adoptionsbeschluß. Dies bedeute, daß infolge der Adoption die Rechtsbeziehungen zwischen der Beteiligten zu 3 und ihrer Mutter erloschen seien. Ein solches Ergebnis sei mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar. Deshalb sei es gerechtfertigt, den Adoptionsbeschluß nicht anzuerkennen und vom Fortbestand der Rechtsbeziehungen zu den leiblichen Eltern auszugehen. Dies habe zur Folge, daß die Beteiligte zu 3 kein gemeinsames Kind der Eheleute sei und somit auch nicht in das Familienbuch eingetragen werden könne. Eine Wiederholung der Adoption durch den Stiefelternteil sei nicht vorgenommen worden.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 2.9.1998 die Berichtigung des Familienbuchs dahin angeordnet, daß der Eintrag in Spalte 9 für die Beteiligt...