Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses wird unzulässig, wenn ein Zweitbeschluss gefasst wird, dessen Regelungsgehalt zwar über den Erstbeschluss hinausgeht, diesen aber mit umfasst.

2. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit einer Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren ist eine Ermessensentscheidung des LG und vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüfbar.

 

Normenkette

WEG § 45; ZPO §§ 91a, 263, 533

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.09.2004; Aktenzeichen 1 T 1412/04)

AG München (Aktenzeichen UR II 580/03)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 1) gegen den Beschluss des LG München I v. 9.9.2004 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses v. 22.5.2003 (Verwalterbestellung) als unzulässig abgewiesen wird.

II. Die Antragstellerin zu 1) trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.400 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Die weitere Beteiligte wurde mit Beschluss der Wohnungseigentümer v. 22.5.2003 "gemäß bereits unterschriebenem Verwaltervertrag" zum Verwalter bestellt. Der Verwaltervertrag sah eine Bestellungsdauer bis 31.12.2004 vor.

Die weitere Beteiligte berief für den 20.11.2003 eine Eigentümerversammlung ein und setzte unter Tagesordnungspunkt (TOP) 7 Folgendes auf die Tagesordnung:

Beschluss über die Bestellungsdauer der Hausverwaltung. Der Notverwalter, Herr H., hat es in der Eigentümerversammlung v. 22.5.2003 in seiner Unkenntnis versäumt, die Verwalterbestellung zusammen mit der Bestellungsdauer zu beschließen.

Die weitere Beteiligte stellte den Beschlussantrag gem. TOP 7 zur Bestellung der Hausverwaltung bis 31.12.2005. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen. Der Beschluss wurde nicht angefochten.

Die Antragsteller haben am 16.6.2003 beantragt, den in der Eigentümerversammlung v. 22.5.2003 gefassten Beschluss aufzuheben. Diesen Antrag hat das AG am 16.12.2003 abgewiesen. Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller zu 2) hat die Beschwerde zurückgenommen. Die Antragstellerin zu 1) hat im Beschwerdeverfahren den Hilfsantrag gestellt, die weitere Beteiligte aus wichtigem Grund abzuberufen. Die Antragsgegner haben der Antragserweiterung nicht zugestimmt. Das LG hat mit Beschluss v. 9.9.2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und den Hilfsantrag verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 1).

II. Das zulässige Rechtsmittel ist im Ergebnis nicht begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob durch den Eigentümerbeschluss v. 20.11.2003 das Rechtsschutzbedürfnis für das Beschlussanfechtungsverfahren entfallen sei. Der Beschlussanfechtungsantrag sei aus Sachgründen zurückzuweisen. Im Beschlussanfechtungsverfahren könnten nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorgelegen hätten. Diese reichten weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit aus, um den Beschluss über die Verwalterbestellung für ungültig zu erklären.

Die Zulassung des Hilfsantrags sei nicht sachdienlich. Das Beschwerdegericht müsste sich mit den nach dem Bestellungszeitpunkt liegenden, von der Antragstellerin behaupteten Pflichtverletzungen der Verwalterin befassen. Damit würde im Ergebnis ein völlig neuer Streitstoff eingeführt.

2. Die Ausführungen des LG halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Der Beschlussanfechtungsantrag ist bereits in erster Instanz unzulässig geworden, da Erledigung der Hauptsache eingetreten ist durch den nicht angefochtenen Eigentümerbeschluss v. 20.11.2003, mit der die weitere Beteiligte erneut und für eine längere Dauer zur Verwalterin bestellt wurde. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Beschlussanfechtungsantrag entfällt, wenn ein inhaltsgleicher Zweitbeschluss Bestandskraft erlangt hat (vgl. z.B. Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., vor §§ 43 ff. Rz. 48).

Hier ist zwar der Beschluss v. 20.11.2003 nicht völlig inhaltsgleich mit dem Beschluss v. 22.5.2003, da die Verwalterbestellung für einen längeren Zeitraum erfolgt ist. Dies ist jedoch unerheblich, da der Beschluss v. 20.11.2003 auch den Zeitraum umfasst, für den die weitere Beteiligte bereits mit Beschluss v. 22.5.2003 zur Verwalterin bestellt wurde.

Der Senat hat die Eigentümerbeschlüsse v. 22.5. und 20.11.2003 selbständig auszulegen, weil die Verwalterbestellung auch für den Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers wirkt (BGH NJW 1998, 3713). Für den Senat besteht kein Zweifel daran, dass die weitere Beteiligte am 22.5.2003 zur Verwalterin bestellt wurde. Dies ergibt sich bereits aus der Überschrift des Tagesordnungspunkts "Beschlussfassung über die Neuwahl einer Hausverwaltung ab sofort" sowie aus der Beschlussformulierung "Die WEG bestellt die weitere Beteiligte ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?