Leitsatz (amtlich)
Eine vor einem Scharia-Gericht in Jordanien in der Form vollzogene Ehescheidung, dass der Ehemann die Scheidung ggü. seiner auf ihre vermögensrechtlichen Ansprüche verzichtenden Ehefrau ausspricht und der anwesende Richter die Scheidung bestätigt und beurkundet, die sog. „al-mukhalaa”, ist eine einverständliche Privatscheidung. Einer Anerkennung steht § 1564 BGB entgegen, wenn auf die Scheidung materielles deutsches Recht anzuwenden und der die Anerkennung beantragende Ehemann ausschließlich deutscher Staatsangehöriger ist.
Normenkette
EGBGB Art. 17 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; BGB § 1564; ZPO § 606a
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 3465a E 718/01) |
Tenor
I. Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Präsidentin des OLG München vom 3.5.2002 wird zurückgewiesen.
II. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 60 Euro festgesetzt, die vom Antragsteller zu entrichten ist.
Gründe
I. Der Antragsteller, ein durch Einbürgerung im Jahr 1992 deutscher Staatsangehöriger, hat mit der Antragsgegnerin, einer jordanischen Staatsangehörigen, am 9.8.1993 vor einem Gericht in Irbid/Nord, Jordanien, die Ehe geschlossen. In der jordanischen Heiratsurkunde ist für den Antragsteller die jordanische Staatsangehörigkeit vermerkt. Aus der Ehe sind zwei minderjährige Kinder hervorgegangen. Die Parteien, die ihren gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in München hatten, leben nach den Angaben des Antragstellers seit Anfang Januar 2000 getrennt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Antragsgegnerin nach Jordanien ausgereist.
Die Ehe der Parteien wurde vor dem Scharia-Gericht Irbid/Süd, Jordanien, am 15.1.2001 in der Form geschieden, dass die Antragsgegnerin ggü. dem durch einen Bevollmächtigten vertretenen Antragsteller erklärte, sie verzichte auf Brautgabe, Unterhalt während der Wartezeit, den Kindesunterhalt und alle übrigen Ansprüche aus der Ehe unter der Voraussetzung, dass der Antragsteller die Scheidung ausspreche, und der Bevollmächtigte des Antragstellers daraufhin erklärte, die Antragsgegnerin sei nunmehr aus dem Eheband des Antragstellers endgültig entlassen. Der anwesende Richter erklärte anschließend ggü. dem Bevollmächtigten des Antragstellers, dass nach dieser Erklärung der beiden Parteien in Anwesenheit von Zeugen und „in religionsrechtlich zulässigem Zustand” die Antragsgegnerin nunmehr unwiderruflich geschieden sei, und beurkundete den Vorgang.
Der Antragsteller beantragte am 23.7.2001 die Anerkennung der Ehescheidung. Die Präsidentin des OLG hat am 3.5.2002 den Antrag zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit dem Ziel, die Anerkennung der Ehescheidung vor dem religiösen Scharia-Gericht in Irbid/Süd Jordanien vom 15.1.2001 zu erreichen. Er ist der Ansicht, das jordanische Gericht sei international zuständig gewesen. Nach der lex fori sei die Anknüpfung an das jordanische Recht gegeben, vor allem, nachdem nach jordanischem Recht für die Ehescheidung jordanische Vorschriften – und damit das islamische Recht – allein anzuwenden seien, da bei der Heirat beide Ehegatten jordanische Staatsangehörige gewesen seien. Der Antragsteller habe die Wahl des jordanischen Rechts akzeptiert. Die angefochtene Entscheidung verkenne im Übrigen das Wesen des khul. Khul bedeute das Recht der Ehefrau, sich gegen Verzicht auf ihre Rechte aus der Ehe freizukaufen. Wenn der Ehemann dieses Angebot der Ehefrau annehme, spreche das Scharia-Gericht aus, dass die Ehefrau unwiderruflich geschieden sei.
II. Der Antrag auf Entscheidung durch das zuständige BayObLG (Art. 7 § 1 Abs. 6 S. 2 und 4 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) ist statthaft (Art. 7 § 1 Abs. 4 FamRÄndG) und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Ehescheidung liegen nicht vor.
1. Zu Recht hat die Präsidentin des OLG München über den Anerkennungsantrag in Anwendung des Art. 7 FamRÄndG entschieden. Das Anerkennungsverfahren nach Art. 7 FamRÄndG findet nicht nur bei Ehescheidung durch gerichtliches Urteil, sondern auch bei Ehescheidungen im Wege sog. Privatscheidungen Anwendung, wenn diese unter Mitwirkung einer Behörde zustande gekommen sind. Eine bloße deklaratorische Registrierung oder gerichtliche Beurkundung genügt (vgl. BayObLG BayObLGZ 1998, 103 [105]; BGH v. 21.2.1990 – XII ZB 203/87, BGHZ 110, 267 [270] = MDR 1990, 624; jew. m.w.N.; Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl., § 328 Rz. 239). Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
2. Über die Anerkennung ist nicht auf der Grundlage des § 328 ZPO zu entscheiden, sondern auf der Grundlage des deutschen Internationalen Privatrechts, da der Akt, dessen Anerkennung begehrt wird, keine gerichtliche Entscheidung darstellt, sondern eine Privatscheidung.
a) Die Anwendung des § 328 ZPO setzt voraus, dass ein Urteil eines ausländischen Gerichts vorliegt. Besteht der Akt, durch den die Scheidung herbeigeführt wurde, hingegen in einem Rechtsgeschäft, z.B. einem Vertrag oder der Willensäußerung eines der beiden Ehepartner, liegt eine Pr...