Leitsatz (amtlich)

Es entspricht in aller Regel der Billigkeit, die Erstattung der im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen notwendigen Aufwendungen eines Beigeladenen anzuordnen, wenn dieser mit eigenen Sachanträgen erfolgreich war. Inwieweit der Beigeladene zum Zeitpunkt der Antragstellung die Erfolgsaussichten seiner Anträge hat abschätzen können, ist unerheblich.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 17.02.2004; Aktenzeichen 120.3-3194. 1-03-01/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Erstattungsanordnung im Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 17.2.2004 (Nr. 4) wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9.912 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 17.2.2004 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig verworfen (Nr. 1) und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 2). Ferner hat sie die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner und die Beigeladene für notwendig erklärt (Nr. 4). Die Antragstellerin hat Nr. 4 des Beschlusses mit der sofortigen Beschwerde angefochten, soweit dort eine Entscheidung über die notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen (nicht: des Antragsgegners) getroffen ist.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Die sofortige Beschwerde, die sich gegen die - inzident in Nr. 4 des Beschlusses der Vergabekammer getroffene - Anordnung richtet, dass die Antragstellerin die notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu erstatten hat, ist zulässig.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist gegen Kostenentscheidungen der Vergabekammer (Kostengrundentscheidungen ebenso wie Kostenfestsetzungsbeschlüsse) das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB statthaft (vgl. BayObLG NZBau 2000, 59; VergabeR 2003, 109; Beschluss vom 20.1.2004 - Verg 21/03, BayObLGReport 2004, 215). Das gilt auch dann, wenn gegen die Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache ein Rechtsmittel nicht eingelegt ist. Zuständig für die Entscheidung über die Kostenbeschwerde ist das BayObLG. Eine mündliche Verhandlung muss nicht stattfinden.

b) Mit ihrem Rechtsmittel will die Antragstellerin erreichen, dass sie der Beigeladenen nicht deren notwendige Aufwendungen erstatten muss. Eine solche Erstattungspflicht hat die Vergabekammer allerdings nicht ausdrücklich angeordnet. Sie folgt insb. nicht bereits aus Nr. 2 des Beschlusses; denn im Verfahren vor der Vergabekammer gehören die Aufwendungen eines Beigeladenen nicht zu den "Kosten des Verfahrens" (vgl. BayObLG, Beschl. v. 19.3.2001 - Verg 2/01, BayObLGZ 2001, 77). Insoweit gilt nicht § 128 Abs. 4 S. 2 GWB, sondern § 128 Abs. 4 S. 3 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 2 BayVwVfG. Danach findet eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer (anders als im Beschwerdeverfahren, vgl. unten) nur statt, wenn sie besonders angeordnet wird. Eine Erstattungsanordnung zugunsten der Beigeladenen kann hier inzident in Nr. 4 des Beschlusses der Vergabekammer gesehen werden; denn die dort getroffene Bestimmung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Beigeladene liefe ins Leere, wenn die Beigeladene ihre Anwaltskosten selbst zu tragen hätte. Dass die Vergabekammer eine entsprechende Anordnung treffen wollte, ergibt sich im Übrigen auch aus den Gründen der Entscheidung. Diese Anordnung hat die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde form- und fristgerecht angefochten.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Nach § 128 Abs. 4 S. 3 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 2 BayVwVfG ist die Erstattung der notwendigen Aufwendungen von Beigeladenen anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Erstattung entspricht der Billigkeit, wenn die Beigeladene eigene Anträge gestellt oder ein eigenes Rechtsmittel eingelegt - insoweit geht sie nämlich auch das Risiko einer Kostenpflicht analog § 154 Abs. 3 VwGO ein - oder zumindest das Verfahren wesentlich gefördert hat (h.M.; vgl. BayObLG vom 22.11.2002 - Verg 26/02, BayObLGReport 2003, 333 m.w.N.; vom 20.1.2003 - Verg 29/02, BayObLGReport 2003, 265). Von diesen Grundsätzen ist die Vergabekammer zutreffend ausgegangen. Sie hat die Erstattung als billig angesehen, weil die Beigeladene eigene Anträge gestellt hat. Das ist nicht zu beanstanden.

b) Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass eine Erstattung hier trotz der Antragstellung der Beigeladenen nicht der Billigkeit entspreche, weil die Beigeladene kein Kostenrisiko auf sich genommen habe. Diese habe einen eigenen Sachantrag erst am Ende der mündlichen Verhandlung gestellt, nachdem aufgrund der vorausgegangenen Erörterung deutlich geworden sei, dass die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag abschlägig bescheiden werde; die Stellung eines eigenen Sachantrags sei für die Beigeladene daher risikolos gewesen.

Mit dieser Argumentation kann die An...

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