Leitsatz (amtlich)
Zuständigkeitsbestimmung im Verfahren der Forderungspfändung.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, §§ 828, 834
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 1536 M 16972/05a) |
AG Kiel (Aktenzeichen 21 M 2880/05) |
Tenor
Als gemeinsam zuständiges Gericht wird das AG Kiel bestimmt.
Gründe
I. Die Antragsteller sind eine Wohnungseigentümergemeinschaft in München. Sie betreiben gegen die Antragsgegner wegen einer titulierten Wohngeldforderung i.H.v. rund 16.000 EUR die Zwangsvollstreckung. Der Antragsgegner zu 1 wohnt in Kiel, die Antragsgegner zu 2) bis 5) leben im Iran.
Die Antragsteller haben beim AG München - Vollstreckungsgericht - den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bezüglich der Forderungen und Ansprüche der Schuldner gegen die Deutsche Bank AG in Dortmund aus dort bestehenden Konten beantragt. Das AG München hat auf seine fehlende örtliche Zuständigkeit hingewiesen und angefragt, ob Verweisungsantrag gestellt werde. Nach Antragstellung hat das AG München jeweils mit Beschl. v. 23.5.2005 das Verfahren gegen den Antragsgegner zu 1) an das AG Kiel, das Verfahren gegen die Antragsgegner zu 2) bis 5 an das AG Dortmund verwiesen. Das AG Kiel hat die Akten dem OLG Schleswig zur Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts vorgelegt. Dieses hat die Bestimmung abgelehnt mit der Begründung, zum einen fehle es am erforderlichen Antrag der Gläubiger, zum anderen sei das OLG München für die Bestimmung zuständig. Die Antragsteller haben daraufhin beim OLG München beantragt, das AG München, hilfsweise das AG Kiel oder das AG Dortmund als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen.
II.1. Das BayObLG ist zur Entscheidung über den Bestimmungsantrag zuständig, da die in Betracht kommenden Gerichte in den Bezirken verschiedener OLG liegen, § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO, und das AG München als erstes mit der Angelegenheit befasst war.
2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts liegen vor. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist sinngemäß anzuwenden, wenn gegen mehrere Schuldner, denen eine zu pfändende Forderung gemeinschaftlich zusteht, einheitlich vollstreckt werden soll (BayObLGZ 1959, 270; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 828 Rz. 2). Das ist hier der Fall: Die Gläubiger wollen eine den Schuldnern gemeinsam zustehende Forderung gegen die Drittschuldnerin pfänden. Bezüglich des Antragsgegners zu 1) ist nach § 828 Abs. 2 1. Alternative ZPO das AG Kiel zuständig, bezüglich der Antragsgegner zu 2) bis 5, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, nach § 828 Abs. 2 2. Alternative, § 23 ZPO das AG Dortmund. Einer Anhörung der Schuldner im Bestimmungsverfahren bedurfte es nicht (§ 834 ZPO; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 828 Rz. 2).
3. Der Senat bestimmt das AG Kiel als gemeinsam zuständiges Gericht; in dessen Bezirk hat der Antragsgegner zu 1) seinen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO).
4. Die Verweisungsbeschlüsse des AG München vom 23.5.2005 entfalten keine Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO. Für das Verfahren der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte enthält § 828 Abs. 3 ZPO, der am 1.1.1999 in Kraft getreten ist, eine Spezialregelung. Diese Vorschrift sieht vor, dass bei Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts dieses die Sache auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht abgibt, und legt ausdrücklich fest, dass die Abgabe nicht bindend ist. Für die Anwendung des § 281 ZPO ist daneben kein Raum mehr (OLG Zweibrücken v. 22.6.1999 - 2 AR 27/99, OLGReport Zweibrücken 1999, 426 = NJW-RR 2000, 929; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 828 Rz. 3). Die fälschliche Bezeichnung der Abgabe als Verweisung ist unschädlich und ändert nichts daran, dass ihr von Gesetzes wegen keine Bindungswirkung zukommt. Die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach die Grundsätze über die Bindung eines Verweisungsbeschlusses auch im Verfahren der Forderungspfändung anzuwenden sind (BayObLG v. 26.11.1985 - AllgReg. 90/85, BayObLGZ 1985, 397 = MDR 1986, 326 = Rpfleger 1986, 98; BayObLGZ 1994, 113), ist durch die Gesetzesänderung überholt.
Fundstellen
Haufe-Index 1422386 |
ZMR 2006, 54 |
OLGR-Süd 2005, 851 |
www.judicialis.de 2005 |