Entscheidungsstichwort (Thema)
Revision. Verfahrensverstoß. Verfahrenstatsache. Rügepräklusion. Zulässigkeit. Rügeanforderung. Begründungsanforderung. Angriffsrichtung. Stoßrichtung. Widerspruch. Verwertungswiderspruch. Vernehmung. Befragung. informatorisch. Ansprache. Polizei. Polizeibeamter. Belehrung. Belehrungspflicht. Aussage. Aussagefreiheit. Verwertung. Verwertungsverbot. Tatverdacht. Tatverdächtiger. Beschuldigter. Beschuldigtenstatus. Kenntnis. Vorstrafen. vorbestraft. Durchsuchung. Suche. zielgerichtet. zweckgerichtet. Richtervorbehalt. Sicherstellung. Wohnung. Wohnungsinhaber. Geständnis. Betäubungsmittel. Betäubungsmittelbesitz. freiwillig. Herausgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verwertungsverbot wegen unterlassener Belehrung über die Beschuldigtenrechte durch die Polizei nach §§ 163a Abs. 4 Satz 2 StPO, 136 Abs. 1 Satz 2 - 6 StPO kommt nur dann in Betracht, wenn die Vernehmung einer Person als Beschuldigte erfolgt. Hiervon abzugrenzen ist die informatorische Befragung einer zum Kreis der potenziellen Tatverdächtigen gehörenden Person, bei der noch keine Belehrungspflicht besteht.
2. Für die Verfahrensrüge, mit der die Verwertung einer polizeilichen Aussage, die unter Verstoß gegen die Pflicht zur Belehrung als Beschuldigter zustande gekommen sei, beanstandet wird, ist insbesondere bei einem mehrfach vorbestraften Täter der Vortrag erforderlich, dass er seine Rechte als Beschuldigte nicht gekannt hat.
3. Kennzeichnend für eine Durchsuchung im Sinne des § 102 StPO ist das ziel- und zweck-gerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen und Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will. Hiervon kann nicht die Rede sein, wenn Polizeibeamte den Wohnungsinhaber an der Wohnungstür auf Marihuanageruch, der aus der Wohnung dringt, ansprechen, dieser sofort ein Geständnis ablegt und die im Besitz befindlichen Betäubungsmittel herausgibt.
Normenkette
StPO §§ 102, 136 Abs. 1 S. 2, § 136a Abs. 1 S. 3, § 136 Abs. 3, § 163a Abs. 4 S. 2, §§ 257, 344 Abs. 2 S. 2, § 349 Abs. 2, § 473 Abs. 1 S. 1
Tenor
Gründe
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 03.09.2020 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zur Freiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen eingelegte Berufung verwarf das Landgericht mit Urteil vom 12.04.2021. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
II.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der Angeklagte bewahrte am 08.03.2019 in seiner Wohnung 7,49 Gramm Marihuana sowie 0,42 g Cannabis-Tabakgemisch (Wirkstoffgehalt: 0,68 g Tetrahydrocannabinol) und 0,34 g Amphetamin (Wirkstoffgehalt: 0,06 g Amphetaminbase) auf. Nachdem Polizeibeamte, denen mitgeteilt worden war, dass aus der Wohnung des Angeklagten starker Marihuanageruch wahrzunehmen sei, gegen 9:10 Uhr den Angeklagten an der Wohnungstür hierauf angesprochen hatten, habe dieser sofort gestanden, dass er soeben einen "Joint" geraucht habe. Auf Aufforderung durch die Beamten habe er die in der Wohnung befindlichen Betäubungsmittel an diese herausgegeben.
III.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die erhobenen Verfahrensrügen, mit denen der Beschwerdeführer Verwertungsverbote hinsichtlich der sichergestellten Betäubungsmittel und seines Geständnisses vor der Polizei geltend machen möchte, dringen aus mehreren Gründen nicht durch.
a) Allerdings wird - entgegen der Zuleitungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 09.08.2021 - die Angriffsrichtung der erhobenen Verfahrensrügen in der Revisionsbegründungsschrift noch hinreichend deutlich. Es ist ersichtlich, dass die Verwertung des Geständnisses vor der Polizei angegriffen wird, weil der Angeklagte vorher nicht "belehrt" worden sei. Hinsichtlich der angeblichen "Durchsuchung" seiner Wohnung beruft sich der Beschwerdeführer auf ein Verwertungsverbot, weil gegen den Richtervorbehalt verstoßen worden sei.
b) Die erhobenen Verfahrensrügen sind indes bereits unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht gerecht werden. Hiernach ist der Beschwerdeführer gehalten, die den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen so vollständig und genau wiederzugeben, dass das Revisionsgericht allein anhand der Begründungsschrift beurteilen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (st.Rspr., vgl. etwa BGH, Urt. v. 28.02.2019 - 1 StR 604/17 = StV 2019, 808 = BGHR StPO § 244 Abs 3 S 2 Ungeeignetheit 26 = StraFo 2019, 243; 27.09.2018 - 4 StR 135/18 = NStZ-RR 2019, 26; 20.09.2018 - 3 StR 195/18 = NStZ-RR 2019, 190; Beschl. v. 01.12...