Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 14.11.2001; Aktenzeichen 1 T 23125/98) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 400/98) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 14. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 5.000 Euro festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen wird entsprechend abgeändert
Tatbestand
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Am 27.4.1998 faßten die Wohnungseigentümer unter anderem folgenden Beschluß:
Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Durchbruch im Bereich der beiden Wohnzimmer der Wohnungen 320 und 319 zu gestatten. Ebenso wird der Durchbruch der Betonzwischenwände der beiden Loggien genehmigt.
Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung eines Statikers ist vorzulegen.
Sämtliche mit dem Durchbruch verbundenen Kosten, auch etw. Folgekosten gehen zu Lasten der … (= Eigentümerin der beiden Wohnungen).
Die Genehmigung wird nur solange erteilt, als … Eigentümerin dieser Wohnung ist.
Die Arbeiten sind geräuscharm und von einem anerkannten Fachbetrieb durchzuführen (Diamantensägeverfahren).
Bei einem evt. Verkauf oder einem sonst. Rechtsnachfolger einer oder beider Wohnungen ist der Ursprungszustand wieder auf Kosten der … (= Eigentümerin der beiden Wohnungen) herzustellen.
Bei der Wand zwischen den beiden Wohnungen handelt es sich um eine tragende Wand.
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 14.12.1998 stattgegeben. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 14.11.2001 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Ein Durchbruch einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Wand bedürfe als bauliche Veränderung der Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer. Bei einer tragenden Zwischenwand sei ein nicht hinnehmbarer Nachteil erst dann ausgeschlossen, wenn keine Gefahr für die Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen werde. Die Antragsgegner hätten trotz Aufforderung und Fristsetzung keine Unterlagen zur statischen Unbedenklichkeit und zur Brandsicherheit vorgelegt. Damit seien sie ihrer Darlegungs- und Verfahrensförderungspflicht nicht nachgekommen. Für Amtsermittlungen bestehe kein Anlaß. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Entfernung der Trennwände zwischen den Loggien eine optische Beeinträchtigung darstelle, da Lichtbilder trotz eines Hinweises nicht vorgelegt worden seien.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Der Durchbruch durch eine tragende Wand zwischen zwei Wohnungen stellt eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, die über eine ordnungsmäßige Instandsetzung oder Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Sie kann daher nicht nach § 21 Abs. 3 WEG als Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung beschlossen werden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 WEG). Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn diejenigen Wohnungseigentümer zustimmen, die durch sie über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maße hinaus einen Nachteil erleiden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG). Eine Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer ist bei einem Mauerdurchbruch durch eine tragende Wand nur dann ausgeschlossen, wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, daß ein wesentlicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums unterblieben ist, insbesondere zum Nachteil der übrigen Eigentümer keine Gefahr für die konstruktive Stabilität des Gebäudes und dessen Brandsicherheit geschaffen wurde (BGHZ 146, 241/248 f.; BayObLGZ 2000, 252/255 f.). Ist danach eine Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer durch die Baumaßnahme ausgeschlossen, kann sie auch durch einen Mehrheitsbeschluß genehmigt werden. Ein solcher Mehrheitsbeschluß ist nicht wegen der fehlenden Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. Er ist zwar nicht erforderlich, in aller Regel aber geeignet, Unsicherheit darüber zu beseitigen, ob die bauliche Veränderung vorgenommen werden darf (BayObLGZ 2001, 196/200).
b) Das Landgericht hat diese Rechtsgrundsätze rechtsfehlerfrei zur Anwendung gebracht. Es geht zutreffend davon aus, daß der in dem angefochtenen Eigentümerbeschluß auch genehmigte Durchbruch der Betonwände zwischen den Loggien eine optisch nachteilige Veränderung des Gesamtbilds der Wohnanlage bewirken kann. Eine solche Veränderung würde das Maß des § 14 Nr. 1 WEG in aller Regel übersteigen (allgemeine Meinung und ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. BayObLG ZWE 2000, 575)...