Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Regelung der einstweiligen Anordnung im Rahmen der Hauptsache
Tenor
Der Antrag der Rechtsbeschwerdegegner vom 11. März 1985 auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der im Beschlußeingang bezeichneten Wohnanlage. Die Antragsteller, deren Tochter Musik studiert und Violoncello und Klavier spielt, betreiben im vorliegenden Hauptsache verfahren die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 3.5.1983, wonach „das Musizieren innerhalb der Wohnung … grundsätzlich erlaubt (ist), jedoch nicht länger als drei Stunden täglich und nicht vor 10.00 Uhr vormittags, auch nicht nach 20.00 Uhr abends, wobei auch die Mittagsruhezeiten von 13.00 bis 15.00 Uhr einzuhalten sind”.
Das Amtsgericht hat den Antrag, den Beschluß für ungültig zu erklären, zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Die Antragsteller haben gegen den Beschluß des Landgerichts weitere Beschwerde eingelegt.
Die Antragsgegner und Beschwerdegegner beantragen nunmehr, für die Dauer des Verfahrens eine einstweilige Anordnung zu treffen, daß die Antragsteller den angefochtenen Hausordnungsbeschluß vom 3.5.1983 zu befolgen haben. Zur Begründung tragen sie vor, daß die Antragsteller nicht bereit seien, den Beschluß der Gemeinschaft zu respektieren, obwohl dieser bis zu einer eventuellen anderen Entscheidung des Gerichts gültig sei. Die Ruhestörung durch die ständige Musikausübung der Tochter der Antragsteller sei unzumutbar. Sie beginne in der Regel (ausgenommen an Wochenenden) täglich um 8.00 Uhr und höre vormittags zwischen 10.00 und 11.00 Uhr auf. Auch nachmittags übe sie auf ihrem Cello.
II.
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist zurückzuweisen.
1. Nach § 44 Abs. 3 Satz 1 WEG kann der Richter für die Dauer des Verfahrens einstweilige Anordnungen treffen. Diese Befugnis steht, wenn weitere Beschwerde eingelegt ist, auch dem Rechtsbeschwerdegericht zu (§ 24 Abs. 3, § 29 Abs. 4 FGG; vgl. Keidel/Kuntze/Winkler FGG 11. Aufl. RdNr. 19 und Jansen FGG 2. Aufl. RdNr. 11, je zu § 24 sowie für die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts Senatsbeschlüsse vom 18.10.1976 BReg. 2 Z 76/76 und vom 9.9.1977 BReg. 2 Z 60/77; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. § 44 RdNr. 5).
2. Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist ein dringendes Bedürfnis, das ein Abwarten der endgültigen Entscheidung nicht zuläßt. Es soll eine vorläufige Regelung getroffen oder verhindert werden, daß die endgültige Entscheidung nicht mehr vollstreckt werden kann. Die einstweilige Anordnung schafft im gewissen Umfang einen Ausgleich dafür, daß die gemäß § 43 WEG getroffenen Entscheidungen nach § 45 Abs. 2 WEG erst mit ihrer Rechtskraft wirksam und (§ 45 Abs. 3 WEG) vollstreckbar werden.
In dem vorliegenden, auf die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses gerichteten Verfahren fehlt es an den Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Eine solche hätte nur dann einen Sinn, wenn den Antragstellern darin verboten würde, daß außerhalb der im Eigentümerbeschluß vom 3.5.1983 festgelegten Zeiten und länger als insgesamt drei Stunden am Tag in ihrer Wohnung musiziert wird, und wenn die Antragsgegner aus dieser Anordnung für den Fall, daß die Antragsteller sie nicht befolgen, gemäß § 890 ZPO die Zwangsvollstreckung betreiben könnten. Darauf zielt der Antrag offensichtlich auch ab. Damit würde die einstweilige Anordnung aber über den Rahmen des vorliegenden Verfahrensgegenstandes hinausgreifen und den Antragsgegnern etwas verschaffen, was ihnen auch bei endgültigem Obsiegen nicht zukommt; dies ist nicht zulässig (vgl. BayObLGZ 1977, 44/48). Denn wenn das Hauptsacheverfahren zugunsten der Antragsgegner rechtskräftig entschieden wird, steht damit nur fest, daß es bei der Gültigkeit des Beschlusses vom 3.5.1983 verbleibt. Eine Vollstreckungsmöglichkeit gegen die Antragsteller haben die Antragsgegner damit nicht.
Unterschriften
Prof. Dr. O, A, L
Fundstellen