Leitsatz (amtlich)
Geht das aktuelle ärztliche Zeugnis im Falle der Verlängerung einer Betreuerbestellung auf die Frage einer zwischenzeitlichen Besserung des Gesundheitszustands des Betroffenen nicht ein, obwohl der Arzt vor nicht allzu langer Zeit eine Betreuungsbedürftigkeit noch verneint hat, und ergibt sich aus dem äußeren Eindruck des Betroffenen bei der Anhörung eine Besserung seines Zustands, kann nicht davon ausgegangen werden, der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit habe sich offensichtlich nicht verringert.
Verfahrensgang
LG Bamberg (Beschluss vom 16.02.2004; Aktenzeichen 3 T 10/04) |
AG Bamberg (Aktenzeichen XVII 0860/01) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG Bamberg vom 16.2.2004 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG Bamberg zurückverwiesen.
Gründe
I. Das AG verlängerte am 14.1.2004 eine erstmals am 18.12.2002 angeordnete Betreuung für den Betroffenen auf weitere fünf Jahre. Der Aufgabenkreis der erneut bestellten Vereinsbetreuerin umfasst danach unverändert die Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post.
Das LG hat am 16.2.2004 die vom Betroffenen hiergegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt wegen eines Verfahrensmangels zur Aufhebung der Entscheidung des LG und zur Zurückverweisung der Sache.
1. Das LG stützt seine Entscheidung zur Notwendigkeit einer Betreuung auf ein Sachverständigengutachten vom 26.8.2002, auf ein für das Sozialgericht Bayreuth erstelltes Gutachten vom 8.5.2003, auf ein fachärztliches Zeugnis vom 13.11.2003 und auf eine fachärztliche Stellungnahme zu Protokoll des AG vom 28.11. bzw. 1.12.2003. Es geht davon aus, dass sich die Symptomatik des Betroffenen unter dem Einfluss einer neuen Medikamentation gebessert habe, die Erkrankung jedoch mangels Behandlungsmöglichkeit weiter bestehe. Der Betroffene könne nach Überzeugung des LG seinen Willen nicht frei bestimmen und sei daher in den vom LG näher ausgeführten Bereichen betreuungsbedürftig.
2. Für die Entscheidung über die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers sind die Grundsätze maßgebend, die für die erstmalige Bestellung gelten (§ 69i Abs. 6 S. 1 FGG; vgl. BayObLG v. 22.10.1997 - 3Z BR 84/97, FamRZ 1998, 921). Die Bestellung eines Betreuers setzt voraus, dass der Betroffene aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB). Lehnt der Betroffene eine Betreuung ab, darf für ihn ein Betreuer nur bestellt werden, wenn er wegen seiner Krankheit oder Behinderung nicht imstande ist, seinen Willen frei zu bestimmen (vgl. BayObLG v. 25.7.1994 - 3Z BR 97/94, BayObLGZ 1994, 209 [211] = BayObLGReport 1994, 76; FamRZ 2000, 189). Zur Ermittlung dieser Voraussetzungen muss das Gericht grundsätzlich ein Sachverständigengutachten einholen (§ 68b Abs. 1 S. 1 FGG), wobei das Beschwerdegericht auf vom AG eingeholte Gutachten zurückgreifen kann (§ 69g Abs. 5 S. 4 FGG).
Im Falle der Betreuungsverlängerung kann von der erneuten Einholung eines Gutachtens abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, das sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat (§ 69i Abs. 6 S. 2 FGG).
3. Nach diesen Grundsätzen hätte das LG auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen ein neues Gutachten einholen müssen.
a) Der Betreuungsbedarf und der Umfang der Betreuung wurden für die erstmalige Anordnung der Betreuung im Gutachten vom 26.8.2002 hinreichend festgestellt. Ein weiteres zeitnahes Gutachten für die Verlängerung der Betreuung liegt ausweislich der Akten nicht vor. Auf das Gutachten vom 8.5.2003 könnte allenfalls ergänzend zurückgegriffen werden, soweit es die psychische Erkrankung, die vom Betroffenen selbst nicht in Zweifel gezogen wird, bestätigt. Hinsichtlich der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen im Übrigen enthält es nahezu keine Anhaltspunkte. Gleiches gilt für das im Unterbringungsverfahren ohne persönliche Exploration des Betroffenen erstellte amtsärztliche Gutachten vom 10.11.2003. Bei der durch das LG erwähnten Äußerung des Facharztes für Psychiatrie Dr. K. vom 13.11.2003 handelt es sich nicht um ein Gutachten, sondern um ein ärztliches Zeugnis. Die fachärztlichen Bekundungen des Oberarztes Dr. N. bei der letzten Anhörung des Betroffenen durch das AG enthalten zum Umfang der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen keine Angaben. Es kann deshalb dahinstehen, ob sie als gutachtliche Äußerung geeignet wären, wobei im Übrigen auffällt, dass die beiden Exemplare der diesbezüglichen Niederschrift bei identischem Wortlaut verschiedene Datumsangaben tragen (das Exemplar in den Betreuungs...