Leitsatz (amtlich)
Wird zur Begründung eines Wiedereinsetzungsgesuchs vorgetragen, bei einem fristgebundenen Rechtsmittel sei gem. den Anweisungen im Fristenkalender und in der Handakte von einer Auszubildenden eine Vorfrist und die eigentliche Frist eingetragen worden, die Frist sei im Fristenkalender abgehakt worden, ohne dass die Handakte dem Anwalt vorgelegt wurde, ist von einem Organisationsmangel bei der Fristenkontrolle auszugehen, wenn ein Vortrag dazu fehlt, dass bei Eintritt der Vorfrist die Handakte hätte vorgelegt werden müssen und ob dies geschehen ist.
Normenkette
FGG § 22 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 04.03.2003; Aktenzeichen 14 T 269/03) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 98/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 4.3.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Auf Antrag der Antragsteller hat das AG die Antragsgegner am 2.10.2002 verpflichtet, zwei Wanddurchbrüche zu beseitigen. Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 11.10.2002 zugestellten Beschluss haben die Antragsgegner am 19.12.2002 sofortige Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beantragt.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ist ausgeführt, die im dritten Lehrjahr befindliche Auszubildende D. sei dem Verfahrensbevollmächtigten als tüchtige und zuverlässige Mitarbeiterin bekannt. Bei Kontrollen habe es nie Beanstandungen gegeben. Sowohl im Fristenkalender als auch in der Akte habe D. als Vorfrist den 18.10.2002 und als Frist den 25.10.2002 notiert. Die zum 25.10.2002 notierte Frist sei im Fristenkalender abgehakt worden. Die Akten seien dem Verfahrensbevollmächtigten am Tag des Fristablaufs jedoch nicht vorgelegt worden. Von der Fristversäumung habe der Verfahrensbevollmächtigte durch einen Anruf der Antragsgegner am 6.12.2002 erfahren.
Das LG hat durch Beschluss vom 4.3.2003 den Antragsgegnern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die sofortige Beschwerde verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt: Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner habe eine ausreichende Überwachung seines Personals nicht glaubhaft gemacht. Wenn die Führung des Fristenkalenders einer Auszubildenden übertragen wurde, hätten konkrete Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich der Frist dargelegt werden müssen. Die allgemeine Erklärung, auf die Auszubildende habe man sich verlassen können, bei Kontrollen habe es nie Beanstandungen gegeben, reiche nicht aus.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das LG hat ohne Rechtsfehler den Antragsgegnern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen (§ 43 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 2 FGG, § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 FGG). Die Antragsgegner müssen sich das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten, nicht jedoch ein Verschulden der Mitarbeiter des Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 22 Abs. 2 S. 2 FGG). Ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner liegt in der unzureichenden Organisation der Fristenkontrolle.
b) Der Rechtsanwalt kann die Berechnung und Notierung einfacherer und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen (BGH v. 29.4.1998 – XII ZB 140/95, NJW-RR 1998, 1526). Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden; unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die mindestens stichprobenartige Kontrolle des Personals (BGH v. 28.6.2001 – III ZB 24/01, BGHReport 2001, 745 = MDR 2001, 1183 = NJW 2001, 2975). Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf der Anwalt darauf vertrauen, dass das zuständige Büropersonal die ihm übertragenen Aufgaben des Fristenwesens ordnungsgemäß erfüllt (BGH v. 22.3.1995 – VIII ZB 2/95, MDR 1995, 1266= NJW 1995, 1682). Unentbehrliches Hilfsmittel für die Fixierung der Fristen ist in erster Linie der Fristenkalender sowie die Notierung der Fristen auf den Handakten des Rechtsanwalts.
c) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt ein Organisationsverschulden bei dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner vor. Nach dessen Sachvortrag wird bei fristgebundenen Rechtsmitteln in den Fristenkalender und in der Handakte eine Vorfrist und die eigentliche Frist vermerkt. Dies sei auch im vorliegenden Fall geschehen. Die eigentliche Frist sei im Kalender abgehakt worden, ohne dass i...