Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinnahmung von Mietzahlungen

 

Verfahrensgang

AG Erlangen (Aktenzeichen 1 UR II 7/92)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 9975/92)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Februar 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Wohnungseigentümerin einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin verwaltet wird. Der Antragsteller erwarb seine Wohnung durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung. Seine Wohnung war vermietet und soll weiterhin durch Vermietung genutzt werden.

§ 7 der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) lautet wie folgt:

Mit Wirkung gegenüber jedem Sonderrechtsnachfolger gilt als Inhalt des Sondereigentums die nachstehende Nutzungs- und Verwaltungsregelung:

So lange mehr als zwei Drittel der Sondereigentümer ihr Sondereigentum durch Vermietung nutzen, ist die Verwaltung der jeweiligen Mietverhältnisse und in dem dadurch bestimmten Rahmen auch die Verwaltung des jeweiligen Sondereigentums dem Verwalter zu übertragen.

Mehr als zwei Drittel der Sondereigentümer haben ihre Wohnungen vermietet.

In dem dem Verwaltervertrag als Anlage beigefügten Leistungskatalog ist als eine der Aufgaben des Verwalters unter dem Abschnitt „Sondereigentumsverwaltung” unter anderem aufgeführt: „Geltendmachung, Einziehung und Überwachung von Mieten …”.

Die Miete für die Wohnung des Antragstellers wurde in der Vergangenheit vom Mieter unmittelbar an die Antragsgegnerin bezahlt. Der Antragsteller ist damit nicht einverstanden. Er hat daher ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht, dessen Antrag sich inzwischen in der Hauptsache erledigt hat. In diesem Verfahren hat die Antragsgegnerin beantragt festzustellen,

daß sie auch in Zukunft berechtigt ist, sämtliche Mietzahlungen vom jeweiligen Mieter der Wohnung des Antragstellers zu vereinnahmen.

Das Amtsgericht hat dem Antrag am 26.10.1992 stattgegeben. Das Landgericht hat ihn durch Beschluß vom 24.2.1995 abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Gegenstand des Verfahrens sind die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des Sondereigentums. Eine Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte, die zur Voraussetzung hat, daß der Streit in Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums steht (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG), ist damit nicht gegeben (BayObLGZ 1989, 308). Im Hinblick auf den bindenden Abgabebeschluß des Prozeßgerichts (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG) ist die Sache jedoch gleichwohl im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu erledigen (vgl. auch § 17a Abs. 5 GVG).

2. Gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG sind an einem Verfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG außer dem Verwalter sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt, so daß sie grundsätzlich auch am Verfahren zu beteiligen sind. Eine Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer ist hier aber ausnahmsweise nicht geboten, weil deren Rechte nicht berührt werden; es geht ausschließlich um die Verwaltung des Sondereigentums des Antragstellers (vgl. Palandt/Bassenge BGB 54. Aufl. § 43 WEG Rn. 13 m.w.Rechtsprechungsnachweisen).

3. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt: Durch die in § 7 Abs. 1 GO getroffene Regelung werde ein Wohnungseigentümer bei Abschluß eines Mietvertrags von der eigenverantwortlichen Nutzung seines Sondereigentums ausgeschlossen. Die Bestimmung halte einer Kontrolle gemäß §§ 242, 315 BGB nicht stand. Sie sei mit dem das ganze Recht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben auch unter Berücksichtigung der wohlverstandenen Interessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht vereinbar und daher nicht wirksam.

4. Dies hält nur im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes regeln (§ 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WEG), werden in ihrer Gesamtheit als Gemeinschaftsordnung bezeichnet. Teilt der Eigentümer eines Grundstücks dieses gemäß § 8 WEG in Wohnungseigentum auf, so enthält die vom teilenden Eigentümer einseitig aufgestellte Teilungserklärung die Gemeinschaftsordnung. Sie unterliegt einer Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB. Die Gestaltungsfreiheit endet dort, wo die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer oder ihre Rechtsstellung als Eigentümer zu stark ausgehöhlt wird (BayObLGZ 1988, 287/291 m.w.N.). Einer solchen Inhaltskontrolle hält § 7 Abs. 1 GO stand.

b) Gemäß der § 903 BGB nachgebildeten Vorschrift des § 13 Abs. 1 WEG kann jeder Wohnungseigentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen n...

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