Leitsatz (amtlich)

1. Eine trotz Löschung weiterbestehende GmbH ist nur verfahrensgeschäftsfähig, wenn ein Nachtragsliquidator ernannt ist.

2. Solange dies nicht der Fall ist, ist ein gegen die GmbH gerichteter Antrag auf Festsetzung der gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts unzulässig.

 

Normenkette

BRAGO § 19; FGG § 13; GmbHG §§ 60, 66

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 13 T 12606/99)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 4.6.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Hauptverfahrens war eine Beschwerde gem. § 15 BNotO, mit der die Beschwerdeführerin erreichen wollte, einen Urkundsnotar anzuweisen, die Einreichung eines Löschungsantrags bei dem Grundbuchamt zu unterlassen. Das LG wies die Beschwerde am 6.9.1999 zurück. Die hiergegen eingelegte weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin wies der Senat am 27.10.1999 zurück.

Am 7.11.2001 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin die Festsetzung ihrer gesetzlichen Vergütung für ihr Tätigwerden im Hauptverfahren i.H.v. 4.657,40 DM gegen die eigene Partei. Mit Schriftsatz vom 15.4.2000 machte eine Rechtsanwältin namens der Beschwerdeführerin geltend, der Vergütungsanspruch sei durch Zahlung erloschen. Im Übrigen rechnete sie mit angeblichen Schadensersatzansprüchen i.H.v. mindestens 300.000 Euro auf.

Mit Schriftsatz vom 24.4.2002 legten die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin Ablichtung eines Handelsregistersauszugs vor, wonach die Beschwerdeführerin am 27.3.2001 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden war. Die erhobenen Einwendungen wiesen sie als unzutreffend zurück.

Das LG hat am 4.6.2002 den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 19 Abs. 2 S. 3 BRAGO, § 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; § 22 Abs. 1 FGG, § 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO).

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Der Kostenfestsetzungsantrag vom 7.11.2001 ist unzulässig, weil die GmbH, gegen die er sich richtet, wahrscheinlich nicht mehr existiert, jedenfalls aber nicht verfahrensgeschäftsfähig ist.

a) Die Fähigkeit einer GmbH, am Verfahren beteiligt zu sein, endet mit ihrem Erlöschen (vgl. BGH v. 28.3.1996 – IX ZR 77/95, MDR 1996, 1288 = GmbHR 1996, 462 = NJW 1996, 2035; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 13 Rz. 4). Die Löschung gem. § 141a Abs. 1 S. 1 FGG jedoch hat für sich allein keine rechtsgestaltende, zur Vollbeendigung der GmbH führende Wirkung. Stellt sich nachträglich heraus, dass die GmbH noch Vermögen hat; wird ihre Abwicklung bzw. Liquidation durchgeführt (vgl. BGH v. 11.9.2000 – II ZR 370/99, MDR 2000, 1388 = NJW 2001, 304 [305]).

Nach dem Vortrag der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin und der von ihnen vorgelegten Ablichtung des Handelsregisterauszugs wurde die Beschwerdeführerin am 27.3.2001 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Die Beschwerdeführerin soll jedoch eine titulierte Forderung über 281.059,53 Euro gegen eine andere GmbH haben. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin noch fortbesteht, obwohl der Umstand, dass sie nicht erneut im Handelsregister eingetragen wurde (Baumbach/Hueck, 17. Aufl., § 66 GmbHG Rz. 38) und ein Liquidator nicht bestellt wurde (Baumbach/Hueck, 17. Aufl., § 66 GmbHG Rz. 39) gegen einen Fortbestand spricht. Die Frage braucht jedoch nicht aufgeklärt zu werden.

b) Die Beschwerdeführerin ist, sollte sie noch existieren, jedenfalls nicht gesetzlich vertreten und damit nicht verfahrensgeschäftsfähig–(vgl. BayObLG BayObLGZ 1976, 198 [200]; v. 23.9.1993 – 3Z BR 172/93, BayObLGZ 1993, 332 [333] = BayObLGReport 1993, 94 = GmbHR 1993, 821; Jansen, 2. Aufl., § 13 FGG Rz. 11 ff.; Keidel/Zimmermann, 14. Aufl., § 13 FGG Rz. 32, 44). Darauf hat das LG, wenngleich unter Verweisung auf die nicht mehr geltende Vorschrift des Löschungsgesetzes, mit Schreiben vom 29.4.2002 hingewiesen. Gleichwohl haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin von der ihnen bekannten Möglichkeit, einen Antrag auf Ernennung eines Liquidators zu stellen (§ 66 Abs. 5 S. 2 GmbHG), nicht Gebrauch gemacht. In ihrem Schriftsatz vom 8.7.2002 haben sie selbst den Standpunkt eingenommen, dass eine solche Ernennung notwendig, aber nicht erfolgt sei. Es braucht ihnen daher im Beschwerdeverfahren nicht erneut Gelegenheit gegeben zu werden, die erforderliche gesetzliche Vertretung der Beschwerdeführerin herbeizuführen. Im Übrigen werden sie nicht gehindert, nach Vorliegen der genannten Voraussetzungen den Kostenfestsetzungsantrag erneut zu stellen.

Das Fehlen der Verfahrensgeschäftsfähigkeit der Beschwerdeführerin führt zur Unzulässigkeit des Antrags auf Kostenfestsetzung gegen sie (vgl. Jansen, 2. Aufl., § 13 FGG Rz. 25; Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 56 ZPO Rz. 11, 14).

Dr. Schreieder Dr. Denk Glocker

 

Fundstellen

Haufe-Index 1103316

DB 2003, 267

ZAP 2003, 340

ZIP 2002, 1845

BRAGOreport 2003, 11

GmbHR 2002, 1077

NJOZ 2002, 2384

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