Leitsatz (amtlich)

Räumen sich die Miteigentümer eines Grundstücks gegenseitig für den Fall der Anordnung der Zwangsversteigerung, der Einleitung des Insolvenzverfahrens oder des Eintritts weiterer Bedingungen ein Ankaufsrecht an dem Miteigentumsanteil des jeweils anderen Miteigentümers ein und für den Fall des Verkaufs ein Vorkaufsrecht, ist es nicht erforderlich, zur Sicherung des Übereignungsanspruchs aus dem Ankaufsrecht und aus dem Vorkaufsrecht jeweils gesonderte Vormerkungen einzutragen; es genügt jeweils eine Vormerkung zugunsten jedes Miteigentümers.

 

Normenkette

BGB § 883

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 19.09.2002; Aktenzeichen 13 T 15123/02)

AG München (Beschluss vom 31.07.2002)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 19. September 2002 und der Beschluß des Amtsgerichts – Grundbuchamt – München vom 31. Juli 2002 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragungsanträge durch Eintragung je einer Vormerkung an jedem Miteigentumsanteil zu vollziehen.

 

Tatbestand

I.

Die beiden Beteiligten sind als Miteigentümer je zur Hälfte im Grundbuch als Eigentümer mehrerer Grundstücke eingetragen.

Am 28.1.2002 räumten sich die beiden Beteiligten „wechselseitig am jeweiligen Miteigentumsanteil des anderen Miteigentümers ein aufschiebend bedingtes schuldrechtliches Ankaufsrecht” ein.

Das Ankaufsrecht soll in folgenden Fällen und mit folgendem Inhalt gelten:

  1. Für den ersten Verkaufsfall, gleichgültig wer Eigentümer des betreffenden Miteigentumsanteils ist.

    Hier handelt es sich insoweit um ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht, für dessen Inhalt die gesetzlichen Bestimmungen über das schuldrechtliche Vorkaufsrecht und das dingliche Vorkaufsrecht entsprechend gelten.

  2. Für den Fall, daß über den Grundbesitz oder Teile von ihm auf Antrag eines Dritten die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung angeordnet wird und die Anordnung nicht innerhalb von zwei Monaten wieder aufgehoben wird.
  3. Für den Fall, daß ein Insolvenzverfahren gegen einen der Beteiligten betrieben und nicht innerhalb von zwei Monaten wieder eingestellt wird.
  4. Für den Fall, daß die Teilungsversteigerung des Grundbesitzes beantragt wird.
  5. Für den Fall, daß der jeweilige Miteigentümer mit seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber aus durch Grundpfandrechte, die am gesamten Grundstück lasten, gesicherten Darlehen länger als vier Monate in Rückstand gerät.

Zur Sicherung des bedingten Anspruchs auf Übertragung des jeweiligen Miteigentumsanteils bewilligten und beantragten die beiden Beteiligten an jedem Miteigentumsanteil die Eintragung je einer Vormerkung zugunsten des jeweils anderen Miteigentümers an nächstoffener Rangstelle.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung von je einer Vormerkung an jedem Miteigentumsanteil am 31.7.2002 mit der Begründung abgelehnt, für das Ankaufsrecht und das Vorkaufsrecht müßten je eine Vormerkung, insgesamt also vier Vormerkungen, eingetragen werden. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 19.9.2002 die Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren weitere Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen des Grundbuchamts und des Landgerichts und zur Anweisung an das Grundbuchamt, die Eintragungsanträge durch Eintragung je einer Vormerkung an jedem Miteigentumsanteil zu vollziehen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beteiligten hätten einerseits ein aufschiebend bedingtes schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart. Daraus ergebe sich, daß der Vorkaufsberechtigte den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen habe, der vom Verkehrswert abweichen könne. Andererseits sei für das ebenfalls vereinbarte Ankaufsrecht bestimmt, daß als Kaufpreis der Verkehrswert zu zahlen sei. Es lägen zwei Ansprüche vor, auch wenn es in jedem Fall um die Übertragung des Miteigentumsanteils gehe. Entscheidend sei, daß das Vorkaufsrecht und das Ankaufsrecht schuldrechtlich auf verschiedenen Voraussetzungen beruhten. Auch liege den beiden Ansprüchen kein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Rechtlich zutreffend ist der Ausgangspunkt der Vorinstanzen, daß mehrere verschiedene Ansprüche nicht durch eine einzige Vormerkung gesichert werden können, vielmehr ebenso viele Vormerkungen erforderlich sind, wie Ansprüche vorliegen (BayObLG DNotZ 1991, 892; 1999, 1011; Beschluß vom 17.10.2001, DNotZ 2002, 293; Demharter GBO 24. Aufl. Anh. zu § 44 Rn. 108; Bauer in Bauer/von Oefele GBO AT I Rn. 126).

Ein einziger materiell-rechtlicher Anspruch ist gegeben, wenn ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde liegt und über den Anspruch nur einheitlich verfügt werden kann. Ein vertraglicher Anspruch besteht, wenn der Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, auf einem Vertrag beruht; werden aufgrund eines Vertrags mehrere Gegenstände geschuldet, ist aber der Lebenssachverhalt, auf dem die Verpflichtung beruht, ein einheitlicher, ist nur von einem ei...

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