Leitsatz (amtlich)
Durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss kann für Schadensersatzforderungen gegen einen Wohnungseigentümer wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums (hier: Abwasserhebeanlage) eine selbstständige Anspruchsgrundlage geschaffen werden.
Normenkette
WEG § 5 Abs. 2, § 21 Abs. 1, 4, § 23 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Dachau (Aktenzeichen 4 UR II 3/00) |
LG München II (Aktenzeichen 8 T 4330/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München II vom 3.9.2002 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des AG Dachau vom 30.6.2000 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet weder in der Beschwerde- noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz statt.
IV. Der Geschäftswert wird für die Beschwerde- und für die Rechtsbeschwerdeinstanz auf 2.752,80 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist die Verwalterin einer Wohnungs- und Teileigentumsanlage. Sie macht in Prozessstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer gegen die Antragsgegner, ein Ehepaar, Erstattungsansprüche geltend, die aus Aufwendungen für die Ermittlung und Behebung eines Schadens an der Abwasserhebeanlage entstanden sind. Einem der beiden Antragsgegner gehört ein Teileigentum, das bis 10.3.2000 beiden Antragsgegnern gehörte. Die Gewerberäume sind verpachtet. Der Pächter betreibt in ihnen ein China-Restaurant. Im Keller des Gebäudes befindet sich die Hebeanlage, an der neben Gästetoiletten für das Restaurant auch einige Waschmaschinen für die Hausbewohner angeschlossen sind.
Die Hebeanlage war im November 1998 defekt. Bei der Reparatur und der anschließenden Funktionsüberprüfung wurde festgestellt, dass die Anlage in großem Ausmaß durch Fett verunreinigt war. Eine Abwasserprobe ergab deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Nahrungsmittelfetten. Die Antragstellerin zog daraus den Schluss, dass die Fettablagerungen in der Hebeanlage durch die pflichtwidrige Einleitung von Nahrungsmittelfetten aus dem Gaststättenbetrieb im Teileigentum der Antragsgegner stammten.
Am 28.6.1999 fassten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss: Die Antragsgegner werden verpflichtet, die durch die unsachgemäße Nutzung ihrer Gewerbeeinheit durch die Betreiber des China-Restaurants folgende der Gemeinschaft bereits entstandene Kosten zu tragen und diese auf das Konto des Verwalters binnen 14 Tagen nach Beschlussfassung zu überweisen:
Rechnung vom 25.11.1998
für das Absaugen des Pumpenschachtes, Hochdruckreinigung und ordnungsgemäße Entsorgung am 23.11.1998 1.363,00 DM
Rechnung vom 26.2.1999
für weitere Arbeiten am 23.11.1998 und die Erstellung einer Laboranalytik einschließlich Auswertung und Begutachtung 2.524,16 DM
Rechnung vom 7.12.1998 1.496,85 DM
Sollten die Antragsgegner diesen Aufforderungen zur Zahlung nicht innerhalb eines Zeitraums von 14 Tagen nach Beschlussfassung entsprechen, beschließt die Gemeinschaft gerichtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der obigen Punkte einzuleiten.
Die Verwaltung wird ermächtigt, zur Durchsetzung der Ansprüche der Gemeinschaft unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts die geeigneten gerichtlichen Maßnahmen einzuleiten.
Der Beschluss wurde nicht angefochten und bestandskräftig. Zahlungen leisteten die Antragsgegner nicht.
Auf Antrag der Antragstellerin sind gegen beide Antragsgegner am 30.12.1999 Vollstreckungsbescheide über 5.384,01 DM nebst Zinsen ergangen. Auf Einspruch der Antragsgegner hat das AG mit Beschluss vom 30.6.2000 die Vollstreckungsbescheide aufrechterhalten. Der sofortigen Beschwerde der Antragsgegner hat das LG mit Beschluss vom 3.9.2002 stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Im Beschwerdeverfahren habe sich ein veränderter Sachverhalt ergeben. Hiernach könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Schäden an der Abwasserhebeanlage auf eine schuldhafte Pflichtverletzung der Antragsgegner zurückzuführen seien. In die Hebeanlage seien fetthaltige Abwässer aus der Gaststätte offenbar infolge eines Rückstaus in der verstopften Küchenableitung gelangt, welche ordnungsgemäß über eine Fettabscheideanlage geführt werde. Dies sei deshalb möglich gewesen, weil eine planwidrig hergestellte Verbindung zwischen der Küchenwasserableitung und dem Hausentwässerungssystem bestanden habe, welche den Antragsgegnern nicht bekannt gewesen sei. Soweit die Antragsgegner nicht dafür gesorgt hätten, dass die Fettabscheideanlage regelmäßig gewartet würde, hätte eine solche Maßnahme nicht zwangsläufig eine Verstopfung der Zuleitung zum Fettabscheider verhindert. Diese Zuleitung sei zudem planwidrig ohne Isolierung oder Begleitheizung, was einer Verstopfung entgegengewirkt hätte, ausgeführt worden. Der Entwässerungsbescheid der Stadt enthalte zwar eine Auflage für die regelmäßige Reinigu...