Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch der Antragsgegnerin auf Erstattung von Anwaltskosten nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags durch die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer.

 

Normenkette

GWB § 128 Abs. 4; BayVwVfG Art. 80

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen 120.3-3194.1-07-02/03)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 12.3.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 384,50 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, hat durch ihren Maßnahmeträger ein offenes Verfahren nach VOB/A durchgeführt, zu dem die Antragstellerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten am 13.2.2003 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt hat. Mit Schriftsatz vom 19.2.2003 nahm die Antragstellerin ihren Antrag zurück. Die Vergabekammer stellte mit Beschluss vom 20.2.2003 das Nachprüfungsverfahren ein und legte die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auf. Mit Schriftsatz vom 25.2.2003 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, den Beschluss dahin zu ergänzen, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig erklärt wird und die Antragstellerin der Antragsgegnerin die insoweit entstandenen Kosten zu erstatten hat. Diesem Antrag gab die Vergabekammer mit Beschluss vom 12.3.2003 statt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 116, 117 GWB), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Kostenentscheidung der Vergabekammer insoweit, als die Vergabekammer durch Ergänzungsbeschluss vom 12.3.2003 der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin auferlegt und die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig erklärt hat. Die nachträgliche Ergänzung einer zunächst unvollständigen Kostengrundentscheidung der Vergabekammer ist grundsätzlich möglich (vgl. BayObLGZ 2001, 77; BayObLG v. 27.9.2002 – Verg 18/02) und begegnet hier keinen Bedenken.

2. Zu Recht hat die Vergabekammer der Antragstellerin die notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin auferlegt. Die Rücknahme des Nachprüfungsantrags steht einem „Unterliegen” i.S.d. § 128 Abs. 3 S. 1, § 128 Abs. 4 S. 2 GWB gleich (vgl. BayObLG NZBau 2000, 99; OLG Düsseldorf VergabeR 2003, 111). Nach § 128 Abs. 4 S. 2 GWB hat die im Verfahren unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen.

3. Als richtig erweist sich auch die Entscheidung der Vergabekammer, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären (§ 128 Abs. 4 S. 3 GWB, Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG). Sie ist von der Vergabekammer mit der Komplexität der Rechtsmaterie, der regelmäßig gebotenen Eile bei der Schriftsatzerstellung sowie der Ermöglichung einer sachgerechten Vertretung der Vergabestelle, auch im Sinne einer „Waffengleichheit” mit der ebenfalls anwaltlich vertretenen Antragstellerin, begründet. Das ist i.E. nicht zu beanstanden.

a) Die Antragstellerin wendet im Wesentlichen ein: Bis zur Antragsrücknahme habe sich kein Bevollmächtigter bestellt. Der Hinzuziehung hätte es auch nicht bedurft, da der Sachverhalt für die Antragsgegnerin klar gewesen sei. Diese habe, wie sich aus ihrem Schreiben vom 14.2.2003 an die Antragstellerin ergebe, gewusst, dass aufgrund festgestellter Rechenfehler im Angebot der Antragstellerin die Angebotsendsumme nicht 19.529,92 Euro, sondern 188.388,76 Euro betrage, weshalb das Angebot nicht an erster, sondern an zehnter Stelle liege. Wegen dieses Sachverhalts habe die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag mit Schriftsatz vom 19.2.2003 zurückgenommen.

b) Diese Einwendungen greifen nicht durch. Gegenstand des Nachprüfungsantrags war die Rüge, die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin zu Unrecht wegen mangelnder Eignung, insb. fehlender Zuverlässigkeit, ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin habe ihre Entscheidung – nach Auffassung der Antragstellerin verfahrensfehlerhaft – auf einen Sachverhalt gestützt, den sie nicht von der Antragstellerin erfahren habe und der auch nicht aus einem früheren Vertragsverhältnis der Parteien stamme. Darüber hinaus rechtfertige dieser Sachverhalt (Auseinandersetzung der Antragstellerin mit der Landeshauptstadt München anlässlich anderer Bauaufträge) auch in der Sache nicht den Schluss auf die Ungeeignetheit der Antragstellerin. Der so begründete Nachprüfungsantrag warf in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht schwierige Fragen auf, die aus damaliger Sicht eine Hinzuziehung von anwaltlichem Beistand geboten erscheinen lassen mussten. Im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot, unter dem das Verfahren vor der Vergabekam...

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