Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Verwalter bei einem "Treffen der Käufer" von Wohnungseigentum formlos "bestellt", so besteht ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit der Bestellung auch dann, wenn eine Verwaltertätigkeit nicht mehr ausgeführt wird.
2. Die Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses erfordert kein besonderes Rechtsschutzinteresse, kann jedoch rechtsmissbräuchlich sein. Ein Rechtsmissbrauch kann verneint werden, wenn ein Wohnungseigentümer dem Beschluss über die Jahresabrechnung trotz Bedenken gegen die Richtigkeit zugestimmt und nach der Eigentümerversammlung die Verwaltungsunterlagen nochmals überprüft hat.
3. Beschließen die Wohnungseigentümer die Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage, so fehlt der Anfechtung dieses Beschlusses das Rechtsschutzbedürfnis, wenn es alleiniges Ziel des Antragstellers ist, dass die Ansammlung der Instandhaltungsrücklage für frühere Jahre nachgeholt wird.
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 23.10.2003; Aktenzeichen 1 T 1911/02) |
AG Ingolstadt (Aktenzeichen 12 UR II 28/01) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird Nr. III des Beschlusses des LG Ingolstadt vom 23. Oktober 2003 mit Ausnahme der Entscheidung zu Tagesordnungspunkt 4 der Eigentümerversammlung vom 9.5.2001 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Bestellung des Antragsgegners zu 2 zum Verwalter nichtig war. Der in der Eigentümerversammlung vom 9.5.2001 zu Tagesordnungspunkt 8 (Wartungsvertrag für die Heizungsanlage) gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt. Im Übrigen (Abweisung des Antrags auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse vom 9.5.2001 zu Tagesordnungspunkt 2 und 3) wird das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
II. Nr. IV und V des landgerichtlichen Beschlusses werden aufgehoben. Das LG hat erneut über die Kosten, auch des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zu entscheiden.
III. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 14.597,26 Euro festgesetzt.
V. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Geschäftswertfestsetzung des LG wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragsgegner zu 1) sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Für die Antragsteller, die die Wohnung vom Bauträger gekauft und bezogen haben, ist eine Eigentumsvormerkung eingetragen. Die Wohnanlage wird von der weiteren Beteiligten verwaltet.
Der Antragsgegner zu 2) übte früher die Verwaltertätigkeit aus. Anlässlich eines Zusammentreffens von Wohnungskäufern im Jahre 1998, an dem die Antragsteller nicht teilgenommen haben, wurde ein Verwaltungsbeirat gebildet und diesem die Auswahl eines Verwalters übertragen. Die Mitglieder des Verwaltungsbeirats bestellten den Antragsgegner zu 2) zum Verwalter.
Am 9.5.2001 fand eine Eigentümerversammlung statt. Dort wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:
Tagesordnungspunkt (TOP) 2: Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnung 2000 und Entlastung des Beirats für die Belegprüfung.
TOP 3: Entlastung der Hausverwaltung für die Erstellung der Abrechnung.
TOP 4: Beschluss über die Bildung einer Instandhaltungsrücklage. Dabei wurde beschlossen, dass die Bildung einer Instandhaltungsrücklage ab 1.1.2001 nachzuholen ist.
TOP 8: Wartungsvertrag für die Heizungsanlage. Es wurde beschlossen, dass die Hausverwaltung mit dem Abschluss eines Wartungsvertrags beauftragt wird.
Diese Beschlüsse wurden mit Zustimmung der Antragsteller gefasst.
Die Antragsteller haben beim AG u.a. beantragt, die vorgenannten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Weiter haben sie beantragt, festzustellen, dass der Beschluss über die Bestimmung des neuen Verwalters durch den Verwaltungsbeirat nichtig ist. Das AG hat mit Beschluss vom 17.9.2002 diese und weitere Anträge abgewiesen.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das LG am 23.10.2003 die Kostenentscheidung und die Geschäftswertfestsetzung des AG aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit der Verwalterbestellung und ihrer Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse hat es zurückgewiesen (Nr. III). Nr. IV bis VI enthalten Entscheidungen zu Kosten und Geschäftswert.
Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller den Feststellungsantrag und die Beschlussanfechtungsanträge weiter. Außerdem wenden sie sich gegen die Kostenentscheidung und die Geschäftswertfestsetzung durch das LG.
II. Die sofortige weitere Beschwerde hat teilweise Erfolg; die Geschäftswertbeschwerde ist unbegründet.
1. Das LG hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, ausgeführt:
Die Antragsgegner zu 1) seien im Verfahren ordnungsmäßig vertreten gewesen.
Der Anfechtung der unter TOP 2 bis 4 gefassten Beschlüsse fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Anfechtung dieser Beschlüsse sei rechtsmissbräuchlich. Unrichtigkeiten der Abrechnung hätten die Antragsteller bereits zuvor gerügt und der Abrechnun...