Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 23.11.1998; Aktenzeichen 80/Str 1 HKT) |
AG Aschaffenburg (Aktenzeichen 2/98) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 23. November 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf DM 5.000,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte erwarb mit notariellem Vertrag vom 11.2.1998 sämtliche Geschäftsanteile der Firma A. GmbH. In der Gesellschafterversammlung vom gleichen Tag änderte sie Firma und Sitz der Gesellschaft, berief den bisherigen Geschäftsführer ab und bestellte sich zur neuen Geschäftsführerin. Die entsprechenden Eintragungen im Handelsregister erfolgten am 9.7.1998.
Mit Schreiben vom 24.8.1998 meldete die Beteiligte zur Eintragung in das Handelsregister an, daß sie nicht mehr Geschäftsführerin sei. Ferner teilte sie dem Registergericht mit, daß sie den Kaufvertrag über die Geschäftsanteile angefochten und der Gesellschaft die Amtsniederlegung als Geschäftsführerin aus wichtigem Grund erklärt habe. Sie bat weiter um die Bestellung eines Notgeschäftsführers, wobei sie darauf hinwies, daß die Gesellschaft unter Umständen zahlungsunfähig sei.
Das Amtsgericht hat die Anmeldung mit Beschluß vom 15.9.1998 zurückgewiesen. Die als Beschwerde aufzufassende Erinnerung der Beteiligten hiergegen hat das Landgericht am 23.11.1998 ebenfalls zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde. Die Beteiligte führt zur Begründung der weiteren Beschwerde aus, ihre Amtsniederlegung sei aus wichtigem Grund und damit – unabhängig von der objektiven Berechtigung – wirksam erfolgt. Sie habe die Amtsniederlegung auch noch selbst anmelden können.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat, teilweise durch Bezugnahme auf die amtsgerichtlichen Entscheidungen, u.a. ausgeführt, die Amtsniederlegung sei unwirksam, weil sie rechtsmißbräuchlich vorgenommen worden sei. Es sei zwar höchstrichterlich geklärt, daß ein Geschäftsführer die Amtsniederlegung mit sofortiger Wirkung erklären könne, ohne dabei einen wichtigen Grund anzugeben. Der Bundesgerichtshof habe jedoch ausdrücklich offengelassen, ob die organschaftliche Wirkung auch eintrete, wenn die Amtsniederlegung rechtsmißbräuchlich erfolgt sei. Letzteres sei hier der Fall. Die Geschäftsführerin sei gleichzeitig einzige Gesellschafterin. Solange die Gesellschaft als Rechtspersönlichkeit existiere, dürfe sie nicht ohne Rechtfertigungsgrund handlungsunfähig gemacht werden. Es müsse daher verlangt werden, daß die Geschäftsführerin in ihrer Eigenschaft als alleinige Gesellschafterin einen neuen Geschäftsführer bestellt. Dem könne nicht die Möglichkeit entgegengehalten werden, einen Notgeschäftsführer zu bestellen, da der Rechtsmißbrauch gerade darin liege, daß die Beteiligte hier bewußt eine Notlage herbeigeführt habe. Dies habe um so mehr Gewicht, wenn – wie nach den hier geschilderten schlechten finanziellen Verhältnissen der Gesellschaft – die Vergütung des Notgeschäftsführers unsicher sei. Hinzu komme, daß die Alleingesellschafterin den Kaufvertrag und die Abtretung der Geschäftsanteile angefochten habe. Daraus ergebe sich für den Rechtsverkehr die völlige Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft und eine nicht abzusehende Unklarheit bezüglich deren Vertretung.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Die von dem Geschäftsführer einer GmbH erklärte Amtsniederlegung ist wirksam selbst dann, wenn objektiv kein wichtiger Grund vorliegt und wenn sich der Geschäftsführer auch nicht auf das Bestehen eines solchen beruft (vgl. BGHZ 121, 257; BGH NJW 1995, 2850). Dies gilt jedoch nicht im Falle eines Rechtsmißbrauchs. Ein solcher liegt regelmäßig vor, wenn es sich bei dem niederlegenden Geschäftsführer um den einzigen handelt, dieser zugleich alleiniger Gesellschafter ist und davon absieht, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (BayObLGZ 1981, 266/269; 1992, 253/254; BayObLG GmbHR 1994, 259/260; OLG Hamm WM 1988, 1192; Palandt/Heinrichs BGB 58. Aufl. § 242 Rn. 49; MünchKomm/Roth BGB 3. Aufl. § 242 Rn. 459; Zöller/Stöber ZPO 21. Aufl. § 807 Rn. 8; Rowedder/Koppensteiner GmbHG 3. Aufl. § 38 Rn. 26; Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG 16. Aufl. § 38 Rn. 38 c; MünchHdB.GesR III/Marsch-Barner/Diekmann § 42 Rn. 72; Münch DStR 1993, 916/921; Reichert WuB II C. § 39 GmbHG 1.95; ähnlich bzw. einschränkend Trölitzsch GmbHR 1995, 857/860; Scholz/Schneider GmbHG 8. Aufl. § 38 Rn. 84; offengelassen von BGHZ 121, 257/262; OLG Frankfurt WM 1994, 2250; a.A. Hachenburg/Stein GmbHG 8. Aufl. § 38 Rn. 137; Roth/Altmeppen GmbHG 3. Aufl. § 38 Rn. 59). Dies verlangt das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die andernfalls vollständig beseitigt würde. Grund für die Mißbilligung der Amtsniederlegung in derartigen Fällen ist die Hintanstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter durch den Versuch, sich der freiwillig überno...