Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasssache: Wechselbezüglichkeit einer Ersatzerbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament. Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Wechselbezüglichkeit einer Ersatzerbeneinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, jedoch ein Ehegatte den anderen zum Vorerben bestimmt und beide eine dritte Person als „Nacherben” des Überlebenden einsetzen.

 

Normenkette

BGB §§ 2100, 2102 Abs. 2, §§ 2265, 2270 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 61 VI 10445/91)

LG München I (Aktenzeichen 16 T 15153/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 6. November 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 50.000,– festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der 1991 im Alter von 77 Jahren verstorbene Erblasser war zweimal verheiratet. Aus der ersten – geschiedenen – Ehe entstammte sein Sohn A, der verheiratet war. Aus dieser Ehe entstammt der 1968 geborene Beteiligter zu 1. Nach Scheidung ging A seine zweite Ehe mit der Beteiligten zu 2 ein. Aus dieser Ehe entstammt die 1976 geborene B, die zusammen mit ihrem Vater A 1992 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam.

Der Erblasser war in zweiter Ehe mit C verheiratet und lebte mit ihr seit Ende der 60er Jahre auf der Insel Ibiza/Spanien in einem Anwesen mit zwei Ferienhäusern, das ihnen je zur Hälfte gehörte. Beide Eheleute bezogen Rente. Die zweite Ehefrau des Erblassers C verstarb am 30.5.1990; der Erblasser meldete am 28.6.1990 unter der Adresse der Beteiligten zu 2 seinen Wohnsitz in München an.

Der Erblasser und seine zweite Ehefrau (im folgenden: die Eheleute) verfaßten am 9.11.1979 folgende letztwillige Verfügung:

Für den Fall unseres Todes setzen wir uns gegenseitig als Alleinerben ein.

Ibiza, den 9. November 1979

… (Erblasser)

… (Ehefrau)

Ich setze meinen Mann zum Alleinerben und zwar als unbeschränkter Vorerbe ein.

Ibiza, den 9. November 1979

… (Ehefrau)

Nacherbe nach dem zuletzt Verstorbenen soll zu 9/10 der Enkel (= Beteiligter zu 1) und zu 1/10 seine Mutter sein. Ebenso sind der Enkel und seine Mutter Ersatzerben im oben angegebenen Verhältnis von 9/10 und 1/10 für den Fall unseres gleichzeitigen Todes.

Ibiza, den 9. November 1979

… (Erblasser)

… (Ehefrau)

Alle drei Absätze des Testaments sind von beiden Eheleuten unterschrieben, der erste und dritte Absatz sind vom Erblasser und der zweite Absatz von seiner zweiten Ehefrau geschrieben.

Weiterhin verfaßten die Eheleute am 26.7.1988 eine letztwillige Verfügung, die wie folgt lautet:

Für den Fall unseres Todes setzen wir uns gegenseitig als Alleinerben ein.

Ibiza, den 26. Juli 1988

… (Erblasser)

… (Ehefrau)

Ich setze meinen Mann zum Alleinerben und zwar als unbeschränkter Vorerbe ein.

Ibiza, den 26. Juli 1988

… (Ehefrau)

Nacherbe nach dem zuletzt Verstorbenen soll die Schwiegertochter (Beteiligte zu 2) sein, ebenso ist sie Ersatzerbe für den Fall unseres gleichzeitigen Todes.

Ibiza, den 26. Juli 1988

… (Erblasser)

… (Ehefrau)

Alle drei Absätze des Testaments tragen die Unterschriften der Eheleute; der erste und dritte Absatz sind vom Erblasser, der zweite Absatz von seiner zweiten Ehefrau geschrieben worden.

Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau am 30.5.1990 verfaßte der Erblasser folgende privatschriftliche letztwillige Verfügung:

Für den Fall meines Todes setze ich meine Enkelin B als Alleinerbin ein. Jedoch soll für die Mutter (= Beteiligte zu 2), und den Vater A ein lebenslanges Nutzungsrecht bestimmt sein.

Ibiza, den 20. Juli 1990

… (Erblasser)

Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau hatte der Erblasser der Beteiligten zu 2 am 12.6.1990 eine Generalvollmacht erteilt. Unter Vorlage dieser Vollmacht hatte die Beteiligte zu 2 einen Erbschein beantragt, der den Erblasser als alleinigen befreiten Vorerben nach seiner zweiten Ehefrau und sie selbst als Nacherbin ausweisen sollte. Das Nachlaßgericht hatte am 21.6.1990 einen entsprechenden Erbschein erteilt. Nach dem Tod des Erblassers hatte das Nachlaßgericht am 10.8.1994 auf Antrag der Beteiligten zu 2 einen Erbschein erteilt, der diese aufgrund eingetretener Nacherbfolge als Alleinerbin der zweiten Ehefrau des Erblassers auswies.

Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Enkelin B, gesetzlich vertreten durch ihre Eltern A und die Beteiligte zu 2, ihr aufgrund des Testaments vom 20.7.1990 einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen sollte. Das Nachlaßgericht erteilte am 13.11.1991 den entsprechenden Erbschein. Nach dem Tod der B beantragte der Beteiligte zu 1 einen Erbschein, der ihn und die Beteiligte zu 2 als gesetzliche Erben der B zu je 1/2 ausweist. Das Nachlaßgericht erteilte am 7.7.1999 den entsprechenden Erbschein.

Die Beteiligte zu 2 beantragte die Einziehung des zugunsten ihrer Tochter B erteilten Erbscheins vom 13.11.1991 mit der Begründung, sie sei aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments des Erblassers und seiner zweiten Ehefrau vom 26.7.1988 als alleinige Nacherbin bzw. Schlußerb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge