Leitsatz (amtlich)
1. Unzulässigkeit einer weiteren sofortigen Beschwerde des Ausländeramtes, das – nach Erledigung der Hauptsache durch freiwillige Ausreise des Betroffenen – Feststellung der Berechtigung des in beiden Vorinstanzen erfolglos gestellten Antrags auf Anordnung von Abschiebungshaft begehrt.
2. Unzulässigkeit einer Anfechtung der landgerichtlichen Entscheidung allein im Kostenpunkt (Anschluss an BGHZ 131, 185/187).
Normenkette
FGG § 20a Abs. 1, § 27 Abs. 1 S. 1; AuslG § 57 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Schwabach (Aktenzeichen XIV 0008/02 B) |
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 18 T 3064/02) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 17.6.2002 wird verworfen.
Gründe
Die statthafte sofortige weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1 FGG, § 103 Abs. 2 S. 1 AuslG, § 3 S. 2 FreihEntzG) ist unzulässig. Wie die Beschwerdeführerin selbst vorträgt, ist der Behörde am 20.6.2002, somit vor Rechtsmitteleinlegung, bekannt geworden, dass der Betroffene bereits am 16.6.2002 in die Türkei ausgereist ist. Damit ist der im Rechtsmittelzug auf Rechtmäßigkeit zu überprüfende Verfahrensgegenstand – Anordnung von Abschiebungshaft – entfallen und die Hauptsache erledigt. Ein nach Erledigung der Hauptsache eingelegtes Rechtsmittel ist grundsätzlich unzulässig (BGH, Beschl. v. 25.6.1998, InfAuslR 1998, 454; BayObLGZ 1997, 287). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG, Beschl. v. 5.12.2001, InfAuslR 2002, 132 [138]), da im Fall der Ablehnung einer Haftanordnung, wie hier, es nicht zu einem Freiheitsverlust gekommen ist, der zu Gunsten des Betroffenen ein Rehabilitierungsinteresse indizieren und daher ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft begründen kann. Es versteht sich von selbst, dass die Ablehnung eines Haftantrags nicht einem tief greifenden Grundrechtseingriff gleichzustellen ist.
Ein derartiges Feststellungsinteresse kann im vorliegenden Fall auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass das LG in Unkenntnis der am Tag vor seiner Entscheidung erfolgten Ausreise noch – durch Zurückweisung der Erstbeschwerde – in der Hauptsache entschieden hat. Aus den Gründen der landgerichtlichen Entscheidung ergibt sich, dass die Beschwerdekammer die notwendigen Auslagen des Betroffenen auch dann dem Landkreis auferlegt hätte, wenn sie in der Hauptsache nur noch deren Erledigung festgestellt hätte. Die der Sachlage nicht mehr entsprechende Entscheidungsformel begründet neben der Kostenüberbürdung i.E. keine zusätzliche Beschwer.
Eine Anfechtung der landgerichtlichen Entscheidung allein im Kostenpunkt ist ebenfalls unzulässig (§ 29 Abs. 4, § 20a Abs. 1 S. 1 FGG); eine analoge Anwendung des § 20a Abs. 1 S. 2 FGG kommt nicht in Betracht (BayObLG, Beschl. v. 27.6.2002 – 4Z BR 48/02; BGH v. 23.11.1995 – V ZB 28/95, BGHZ 131, 185 [187] m.w.N.).
Mangels Beteiligung des Betroffenen am Rechtsbeschwerdeverfahren bedarf es für diese Instanz nicht einer Entscheidung nach § 16 S. 1 FreihEntzG. Für Gerichtsgebühren gilt § 15 Abs. 2 FreihEntzG.
Jaggy Dr. Pongratz Heiss
Fundstellen
Haufe-Index 1103319 |
NVwZ 2003, 56 |
InfAuslR 2002, 438 |