Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitskonzentration bei Anwendung ausländischer Sachvorschriften im Adoptionsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die besondere Zuständigkeit des AG am Sitz des OLG für Adoptionsverfahren greift auch dann ein, wenn zwar nach dem Adoptionsstatut deutsches Recht berufen ist, hinsichtlich eines Zustimmungserfordernisses aber zusätzlich ausländisches Recht anzuwenden ist (hier polnisches Recht).
Normenkette
EGBGB Art. 14 Abs. 1 Nr. 2, Art. 22-23; AdWirkG § 5 Abs. 1 S. 1; FGG §§ 5, 43b Abs. 2 S. 2; Polnisches Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch Art. 118-119
Verfahrensgang
AG Miesbach (Beschluss vom 12.10.2004; Aktenzeichen XVI 0004/03) |
Tenor
Zuständig ist das AG München.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1), der deutscher Staatsangehöriger ist, und die Beteiligte zu 3), die polnische Staatsangehörige ist, haben am 6.9.1996 an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland die Ehe geschlossen.
Der Beteiligte zu 1) beantragt die Adoption der Beteiligten zu 2), der 1989 nichtehelich geborenen Tochter seiner Ehefrau. Das Kind hat die polnische Staatsangehörigkeit. Der in Polen wohnende leibliche Vater des Kindes hat ebenfalls die polnische Staatsangehörigkeit. Der Beteiligte zu 1) hat beim AG Miesbach, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat, einen am 12.2.2003 notariell beurkundeten Adoptionsantrag anhängig gemacht. Das VormG Miesbach hat mit Beschluss v. 12.10.2004 das Verfahren an das AG München - VormG - abgegeben unter Hinweis auf dessen ausschließliche Zuständigkeit, da ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen. Das AG München - VormG - hat mit Beschluss v. 20.10.2004 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt unter Hinweis auf die Regelzuständigkeit, wenn nur Teil - und Vorfragen ausländischem Recht unterliegen. Das AG Miesbach hat das Verfahren zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts dem BayObLG vorgelegt.
II.1. Das BayObLG ist zur Entscheidung berufen. Es handelt sich um eine Vorlage nach § 5 FGG, die das BayObLG gem. § 199 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 FGG i.V.m. Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG zu entscheiden hat, denn die beteiligten AG haben ihren Sitz in verschiedenen LGbezirken, allerdings im selben OLG-Bezirk (BayObLG v. 12.1.1989 - BReg. 3 Z 111/88, BayObLGZ 1989, 1).
2. Örtlich zuständig ist das AG München.
Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes richtet sich, wenn ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, nach § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 des Adoptionswirkungsgesetzes v. 5.11.2001 (AdWirkG). Die Anwendung von ausländischen Sachvorschriften wiederum ist zunächst anhand des in Art. 22 EGBGB normierten Adoptionsstatuts zu ermitteln. Die vorliegend beantragte Einzeladoption durch nur einen Ehegatten (v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 8 Rz. 143) unterliegt gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB dem Ehewirkungsstatut nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB. Da beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung am 6.9.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, ist gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB als Ehewirkungsstatut deutsches Recht berufen. Zusätzlich aber findet auch nach der ergänzenden kollisionsrechtlichen Sonderregelung des Art. 23 EGBGB für diesen statusverändernden Rechtsvorgang der Adoption (Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl., Art. 23 EGBGB Rz. 1) polnisches Recht Anwendung. Das Zustimmungserfordernis des Kindes sowie seines leiblichen Vaters zur Adoption ist sowohl nach dem Adoptionsstatut als auch nach dem Personalstatut des Kindes zu erfüllen, d.h. es ist kumulativ anzuknüpfen, um so hinkenden Statusveränderungen vorzubeugen (v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 8 Rz. 148). Hinsichtlich dieser Zustimmungserfordernisse sind also sowohl die deutsche als auch die polnische Rechtsordnung kumulativ neben dem an sich maßgebenden Grundstatut des Art. 22 EGBGB anzuwenden. Daher gehört die ergänzende Sonderregelung des Art. 23 EGBGB nicht in den Bereich von Vorfragen, sondern zur Hauptfrage der Adoption selbst (Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 8. Aufl., § 20 Abs. 12 2b). Es kann dahingestellt bleiben, ob es bei der "Regelzuständigkeit" des § 43b Abs. 2 S. 1 FGG bleibt, wenn nur Vorfragen ausländischem Recht unterliegen (so für Teil- oder Vorfragen: Steiger, DNotZ 2002, 184 [206], Fn. 42, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien; OLG Hamm v. 21.11.2002 - 15 Sbd 13/02, OLGReport Hamm 2003, 189 = FamRZ 2003, 1042 [1043], ohne nähere Begründung). Jedenfalls ist weder dem Gesetzeswortlaut des § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG noch den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/6011, 57, zu Art. 4 Abs. 2) eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung dahingehend beabsichtigt hat, dass eine Zuständigkeitskonzentration nicht gegeben sein soll, wenn sich Teile der Hauptfrage nach ausländischem Recht beurteilen (so im Ergebnis auch: OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.12.2003 - 8 AR 22/03, OLGReport Stuttgart 2004, 181 = FamRZ 2004, 1124 [1125]). Eine solche einschränkende Auslegung des §...