Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsordnungswidrigkeit nach Anhörung des Betroffenen
Verfahrensgang
AG Schwabach (Urteil vom 03.09.1998) |
Tenor
I. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Schwabach vom 3. September 1998 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Amtsgericht Schwabach zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 23.2.1998 waren gegen den Betroffenen wegen des Vorwurfs, am 13.11.1997 um 19.39 Uhr im Gemeindebereich Schwanstetten außerhalb geschlossener Ortschaften mit einem Pkw die auf 80 km/h beschränkte Höchstgeschwindigkeit um 65 km/h überschritten zu haben, eine Geldbuße von 400 DM und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden. Das Amtsgericht sprach ihn von diesem Vorwurf frei. Die Tat könne dem die Geschwindigkeitsüberschreitung bestreitenden Betroffenen nicht nachgewiesen werden, weil die Aussagen des Zeugen R, der die Messung vorgenommen hatte, nicht verwertbar seien.
Gegen den Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung formellen Rechts rügt; sie hält die Annahme eines Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbots für rechtsfehlerhaft.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
1. Im Ergebnis zutreffend ist die Annahme des Amtsgerichts, der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit stehe nicht entgegen, daß der Betroffene nach Aufforderung der Verwaltungsbehörde mit Schreiben vom 12.2.1998 ein „Verwarnungsgeld” von 400 DM gezahlt hatte. Diese Verwarnung bildet nämlich nach § 56 Abs. 4 OWiG nur dann ein Verfolgungshindernis, wenn sie wirksam ist. Wirksam ist sie aber nur, wenn der Betroffene auch über sein Recht zur Verweigerung der Verwarnung belehrt worden ist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 OWiG). An der erforderlichen Belehrung fehlt es hier. Die Verwarnung ist deshalb nichtig (vgl. KK OWiG/Wache § 56 Rn. 34; Rotberg OWiG 5. Aufl. § 56 Rn. 16).
2. Die Erwägungen, aus denen das Amtsgericht ein Beweiserhebungsverbot – und daran anschließend ein Beweisverwertungsverbot – angenommen hat, halten dagegen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Richtig ist zwar der Ausgangspunkt des Amtsgerichts, daß Maßnahmen der Geschwindigkeitsüberwachung und die Ermittlung und Verfolgung der sich daraus ergebenden Verkehrsverstöße zum Gesamtkomplex der öffentlichen Sicherheit und damit zum Kern der originären Staatsaufgaben gehören und deshalb grundsätzlich nicht auf private Unternehmer übertragen werden dürfen (BayObLGSt 1997, 46; Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 35. Aufl. § 26 StVG Rn. 2). Dies ist hier aber – anders als in dem der genannten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zugrundeliegenden Sachverhalt – nicht geschehen.
Im vorliegenden Fall wurde die Geschwindigkeitsmessung vom Markt Feucht aufgrund einer von insgesamt sechs Gemeinden, zu denen auch die Tatortgemeinde Schwanstetten zählt, geschlossenen Zweckvereinbarung (nicht Zweckverband, wie im angefochtenen Urteil wiederholt fälschlicherweise ausgeführt wird) durchgeführt. Der Markt Feucht bediente sich für die Messung eines ihm nach Maßgabe des AÜG überlassenen Leiharbeitnehmers. Dies ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht gesetzwidrig.
Schon der Ansatz des Amtsgerichts – die dem Betroffenen vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung sei von einer „gesetzwidrigen Rechtskonstruktion” ermittelt worden, die Gemeinde Schwanstetten habe keinerlei hoheitliche Befugnisse wahrgenommen und sich mit der bloßen Bestimmung von Ort und Zeit der Messung auf eine reine „Statistenrolle” beschränkt – ist unzutreffend.
aa) Der Markt Schwanstetten, in dessen Bereich der Tatort liegt, ist ebenso wie die übrigen an der Zweckvereinbarung beteiligten Gemeinden nach § 2 Abs. 4 und 5 i.V.m. Anlagen 2 und 3 der Verordnung der Bayerischen Staatsregierung über Zuständigkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht (ZuVOWiG) vom 21.10.1997 (GVBl 727) neben der Zentralen Bußgeldstelle für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG zuständig; sie war es auch schon bei Abschluß der Zweckvereinbarung am 29.4.1997 (§ 2 Abs. 4 und 5 i.V.m. Anlagen 2 und 3 ZuVOWiG i.d.F. der 14. Änderungsverordnung vom 27.2.1996, GVBl S. 44). Die Zuständigkeit der übrigen fünf Gemeinden zu diesem Zeitpunkt ergibt sich für die Stadt Altdorf und den Markt Feucht aus der 12. Änderungsverordnung (GVBl 1994, 578), für die Stadt Hersbruck und die Gemeinde Schwarzenbruck aus der 12. und 13. Änderungsverordnung (GVBl 1994, 578 und 1995, 405) und für die Stadt Neustadt a.d. Aisch aus der 13. und 15. Änderungsverordnung (GVBl 1995, 405 und 1996, 422) zur ZuVOWiG. Im Wege einer Zweckvereinbarung haben die genannten sechs Gemeinden die ihnen insoweit eingeräumten Befugnisse einer von ihnen, nämlich dem Markt Feucht, übertragen (Zweckvereinbarung zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung [KGÜ] vom 29.4.1997, Bl. 28/31 der Beiakten AG Schwabach OWi 702 Js 61824/98 – künftig...