Leitsatz (amtlich)

Der Berufsbetreuer hat grundsätzlich auch dann Anspruch auf die Erstattung der für seine Vergütung zu entrichtenden Mehrwertsteuer, wenn seine Mehrwertsteuerpflicht auf einer Verzichtserklärung nach § 19 Abs. 2 UStG beruht.

 

Normenkette

BGB § 1836; UStG § 19 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 17.04.1998; Aktenzeichen 13 T 3433/98)

AG Erlangen (Beschluss vom 20.08.1997; Aktenzeichen 2 XVII 250/96)

 

Tenor

In Abänderung der Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17. April 1998 und des Amtsgerichts Erlangen vom 20.8.1997 wird die Vergütung der Betreuerin auf 8.134,47 DM zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 15 % (= 1.220,17 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht bestellte am 24.5.1996 die Beteiligte zu 1) zur vorläufigen und am 11.6.1996 zur endgültigen Betreuerin des am 4.3.1999 verstorbenen Betroffenen, dessen Alleinerbin die Beteiligte zu 2) ist. Mit Beschluß vom 20.8.1997 bewilligte das Amtsgericht der Beteiligten zu 1) aus dem Vermögen des Betroffenen eine Vergütung von 8.134,47 DM, lehnte aber eine Erstattung der Mehrwertsteuer ab. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hiergegen wies das Landgericht mit Beschluß vom 17.4.1998 zurück. Dagegen richtet sich die auf die Versagung der Mehrwertsteuer beschränkte weitere Beschwerde der ehemaligen Betreuerin.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

a) Gegen Beschwerdeentscheidungen über die Vergütung von Betreuern findet gemäß § 56g Abs. 5 Satz 1, § 69e Satz 1, § 29 Abs. 2 FGG in der Fassung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes – BtÄndG – vom 25.6.1998 (BGBl I S. 1580) nunmehr die sofortige weitere Beschwerde statt. Dies gilt auch, wenn wie hier die Beschwerdeentscheidung vor dem Inkrafttreten des BtÄndG wirksam geworden ist. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nämlich grundsätzlich das zum Zeitpunkt seiner Einlegung geltende Recht maßgeblich, sofern nicht Überleitungsvorschriften eine andere Regelung treffen (vgl. BVerfGE 87, 48/64 f.; BayObLGZ 1999 Nr. 32 m.w.N.). Gemäß Art. 5 Abs. 2 BtÄndG traten § 56g und § 69e FGG am 1.1.1999 in Kraft. Auf weitergehende Übergangsregelungen wurde verzichtet (vgl. BT-Drucks, 13/7158 S. 53, 58; BT-Drucks, 13/10874). Eingelegt wurde die weitere Beschwerde am 5.3.1999.

Sie ist gleichwohl nicht verspätet, da die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 22 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 4 FGG) nicht in Gang gesetzt worden ist. Hierfür wäre gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 4 FGG die Zustellung der Beschwerdeentscheidung an die Beteiligte zu 1) erforderlich gewesen. Dies ist nicht geschehen.

b) Entgegen § 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG ist im vorliegenden Fall die Zulassung der weiteren Beschwerde nicht erforderlich. Vielmehr ist hier insoweit maßgebend, daß bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung gegen diese das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde noch ohne deren Zulassung eröffnet war und die nach Inkrafttreten des BtÄndG nunmehr notwendige Zulassungsentscheidung des Landgerichts nicht nachgeholt werden kann (BayObLG a.a.O.).

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt, die Betreuerin könne ausnahmsweise keine Erstattung der Mehrwertsteuer verlangen. Zwar sei sie laut Auskunft des Finanzamtes umsatzsteuerpflichtig, da sie, obgleich Kleinunternehmerin im Sinn des § 19 Abs. 1 UStG, gegenüber dem Finanzamt eine Verzichtserklärung nach § 19 Abs. 2 UStG abgegeben habe und daran fünf Jahre gebunden sei. Da sie als Kleinunternehmerin nach § 19 Abs. 1 UStG grundsätzlich nicht umsatzsteuerpflichtig sei und keinerlei Verpflichtung für sie bestanden habe, hierauf zu verzichten, könne sie ausnahmsweise vom vermögenden Betreuten nicht zusätzlich die auf ihre Vergütung entfallende Umsatzsteuer erstattet verlangen. Dies widerspräche dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben, zumal ihr als Betreuerin die Vermögenssorge für den Betroffenen obliege.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.

Ist – wie hier – der Betreuer Berufsbetreuer und der Betroffene nicht mittellos, bemißt sich die Vergütung des Betreuers nach dem Zeitaufwand und einem angemessenen Stundensatz (BayObLG FamRZ 1996, 1173/1174; BayObLG FamRZ 1996, 1171/1172 m.w.N., ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 698/699).

Dem Nettostundensatz ist die abzuführende Mehrwertsteuer hinzuzurechnen (BayObLGZ 1998, 65/69; 1995, 35/42). Dies hat das Landgericht zwar erkannt, hat aber die Berücksichtigung der Mehrwertsteuer im vorliegenden Fall als verstoß gegen Treu und Glauben angesehen. Dies trifft nicht zu. Die Betreuerin hat mit ihrer Verzichtserklärung nach § 19 Abs. 2 UStG eine ihr rechtlich zustehende Möglichkeit wahrgenommen. Hierin könnte im Verhältnis zum Betreuten allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegen. Solche hat das Landgericht nicht festgestellt und sind nach Aktenlage auch nicht ersichtlich.

c) Da weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind, konnte der Senat in de...

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