Leitsatz (amtlich)
Wurde an Reihenhäusern nur deshalb Wohnungseigentum begründet, weil eine Teilung des Grundstücks öffentlich-rechtlich nicht zulässig war, so kann die Auslegung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ergeben, dass ein Wohnungseigentümer zur Veränderung des Daches seines Reihenhauses auch dann nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf, wenn damit eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Gesamtanlage verbunden ist.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.11.2003; Aktenzeichen 1 T 2399/03) |
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1281/02 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1) und 2) gegen den Beschluss des LG München I vom 20.11.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner zu 1) und 2) tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sowie zwei weitere Personen sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht aus 13 Reihenhäusern, die den Beteiligten dieses Verfahrens gehören, und einem Zweifamilienhaus.
Die Antragsteller beabsichtigen, das Dach ihres Reihenhauses zu erneuern. Dabei wollen sie eine bessere Isolierung einbauen und anstelle von Bitumen Eternit oder Naturschiefer verwenden. Dadurch würde das Dach etwa 5 cm höher und in der Farbe von den übrigen Dächern abweichen.
Durch Teilungserklärung vom 18.12.1978 und Nachtrag vom 1.10.1979 wurde den Antragstellern als Sondernutzungsrecht das ausschließliche Benützungsrecht an einer Gartenfläche sowie allen Baulichkeiten und Anlagen auf dieser Fläche, soweit sie nicht bereits Sondereigentum sind, eingeräumt.
In Nr. VI des Nachtrags ist bestimmt:
Das Grundstück ist derzeit nicht in einzelne selbständige Grundstücke teilbar. Deshalb wurde eine Teilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz vorgenommen.
Damit jedoch jeder einzelne Wohnungs- bzw. Teileigentümer über sein Sondereigentum und die seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gegenstände, insb. der Grundstücksfläche in jeder Weise frei nach Belieben verfügen kann und die Grundstücksteilfläche auch, falls zulässig, vermessen und an sich oder Dritte übereignen kann, treffen die zukünftigen Miteigentümer untereinander folgende Vereinbarungen: -
§ 3 der Gemeinschaftsordnung lautet wie folgt:
1. Eine Zustimmung der anderen Miteigentümer oder eines etwaigen Verwalters ist, soweit gesetzlich zulässig, nicht erforderlich zur Veräußerung, Belastung, Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung des Wohnungs- bzw. Teileigentums oder der Sondernutzungsrechte, letztere auch getrennt vom Sondereigentum, sowie für bauliche und sonstige Änderungen der im Sondereigentum stehenden, oder einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gegenstände.
2. Jeder Miteigentümer bzw. Inhaber eines Sondernutzungsrechts ist also insb. berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer oder eines Verwalters alle im Sondereigentum befindlichen oder seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gegenstände an Dritte ganz oder teilweise zu veräußern, zu vermieten oder zu verpachten, einschließlich der aufgrund der eingeräumten Rechte errichteten Anlagen und Einrichtungen, die den jeweiligen Sondernutzungsrechten unterliegenden Grundstücksflächen in beliebiger Weise zu bebauen und bestehende Bauwerke zu ändern, soweit öffentlich-rechtlich zulässig, und diese Grundstücksflächen ganz oder teilweise zu veräußern, etwa nach Vermessung und Aufhebung der Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz.
Die Antragsteller haben beantragt festzustellen, dass sie berechtigt sind, ohne Zustimmung der Antragsgegner und der übrigen Wohnungseigentümer das bestehende Bitumen-Schindel-Dach ihres Reihenhauses in ein Eternit-Schindeldach oder Naturschiefer-Schindeldach umzubauen. Das AG hat den Antrag mit Beschluss vom 29.1.2003 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das LG am 20.11.2003 den Beschluss aufgehoben und dem Antrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1) und 2).
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: § 22 WEG sei wirksam abbedungen, so dass eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer auch dann nicht erforderlich sei, wenn das architektonische Gesamtbild nachteilig verändert werde. Das Sondernutzungsrecht des jeweiligen Wohnungseigentümers bestehe an dem gesamten, dem jeweiligen Reihenhaus zugeordneten Grundstück. Das ergebe sich aus dem Nachtrag vom 1.10.1979, wo ausdrücklich hervorgehoben sei, dass insb. die Grundstücksfläche - ohne Beschränkung auf Garten, Terrasse oder Vorplatz - dem Sondernutzungsrecht unterliege. § 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) liste als nicht von Sondernutzungsrechten betroffene Gegenstände beispielsweise Hauszugangswege, Garagenzufahrt, Ver- und Entsorgungsanlagen bis zu den jeweiligen Hausanschlüssen, Kommunmauern, G...