Leitsatz (amtlich)
›Bei der Prüfung der Wirksamkeit der Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch steht dem Berufungsrichter ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, der vom Revisionsgericht grundsätzlich zu respektieren ist (Ergänzung zu BayObLG NZV 1997, 244 = NStZ 1997, 359).‹
Tatbestand
Der Angeklagte fuhr am 16.10.1997 gegen 2.00 Uhr mit dem PKW, amtliches Kennzeichen..., auf der F.-Straße Straße in M. in nördlicher Richtung, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Der Angeklagte wies zur Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration von mindestens in Anflutung auf 2,86 Promille und von höchstens 3,33 Promille auf. Wegen des genossenen Alkohols und infolge einer aus psychopathologischen Voraussetzungen (Psychasthenie) entstandenen Alkoholkrankheit war der Angeklagte zur Tatzeit in seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit (Einsichts- und Steuerungsfähigkeit) erheblich eingeschränkt.
Aufgrund dieses festgestellten Sachverhalts verurteilte das Amtsgericht den Angeklagten am 6.7.1998 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zur Freiheitsstrafe von fünf Monaten und ordnete daneben eine Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB an.
Die hiergegen gerichtete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht, das von der Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung ausgegangen ist, am 16.11.1998 als unbegründet.
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel hat mit der Sachrüge bereits deshalb Erfolg, weil die Annahme des Landgerichts, Schuldunfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit sei auszuschließen, durch die bisherigen Feststellungen nicht getragen wird. Die übrigen Rügen können daher unerörtert bleiben.
1. Das Landgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, daß die vom Angeklagten erklärte Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam war; die gegenteilige Ansicht des Angeklagten wie auch der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht teilt der Senat nicht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BayObLG NZV 1997, 244 NStZ 1997, 359 = MDR 1997, 486; Beschluß vom 3.2.1999 1 St RR 11/99) ist bei Trunkenheitsfahrten eine Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch in der Regel dann unwirksam, wenn das amtsrichterliche Urteil keine (ausreichenden) Feststellungen zu den Umständen der Alkoholaufnahme und zu den Gegebenheiten der Fahrt enthält. An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz hiergegen erhobener Einwände (OLG Hamm ZfS 1999, 172/173 ohne Begründung; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 318 Rn. 16 a. E.) fest.
Vorliegend fehlten die Voraussetzungen für eine wirksame Beschränkung in nahezu beispielhafter Weise. Das Amtsgericht hatte lediglich die äußeren Gegebenheiten der Trunkenheitsfahrt im Zeitpunkt der polizeilichen Beanstandung neben der Höhe der Blutalkoholkonzentration sowie der Verantwortlichkeit des Angeklagten festgestellt; zum Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis fehlten überhaupt jegliche Feststellungen zur äußeren und inneren Tatseite. Dazu, wie es zu der Fahrt gekommen war, welche Fahrtstrecke mit welchem Ziel der Angeklagte zurückgelegt hatte oder zurücklegen wollte, wie überhaupt zum inneren Tatbestand der Trunkenheitsfahrt enthielt das Urteil nichts. Angesichts dieser groben Lücken reichte der vom Amtsgericht im Rahmen der Strafbemessung nur noch erwähnte Umstand, der Angeklagte habe den Tatentschluß erst nach dem Alkoholgenuß gefaßt, nicht aus, um dem Landgericht eine ausreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung zu geben.
b) Im übrigen ist dem Berufungsrichter bei der Prüfung der Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung aber auch ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Das folgt notwendigerweise daraus, daß - auch wenn es um keine Ermessensentscheidung geht und für den Zweifelssatz kein Raum ist - es sich doch um einen Wertungsakt handelt, dessen Ergebnis von den Gegebenheiten des Einzelfalls wie dem Deliktsvorwurf, den tatsächlichen Umständen und von den zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten abhängt. Im Einzelfall ist daher vorstellbar, daß unterschiedliche Ergebnisse vertreten werden können, ohne daß nur eine Auffassung allein als rechtsfehlerfrei gelten kann. Hinzu kommt, daß dem Tatrichter die Verantwortung für die zu findenden Rechtsfolgen obliegt und es daher in erster Linie seiner Beurteilung und Verantwortung überlassen bleiben muß, welche Grundlagen er hierfür als erforderlich erachtet.
Vom Revisionsgericht ist daher die Entscheidung des Berufungsrichters grundsätzlich hinzunehmen und zu respektieren, soweit sie sich nicht als rechtsfehlerhaft erweist, etwa weil er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den Umfang der Schuldfeststellungen oder sonst einen Rechtsbegriff verkannt hat oder er sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.
Für dieses Ergebnis sprechen schli...