Entscheidungsstichwort (Thema)
Herstellung der Benutzbarkeit eines Tiefgaragenstellplatzes
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige Herstellung eines dem Aufteilungsplan und den Bauplänen entsprechenden Zustands kann durch § 242 BGB ausgeschlossen sein. Hierfür ist eine umfassende Würdigung der Interessen der Beteiligten erforderlich.
2. Die Gefahr erheblicher Bauschäden kann den Einwand von Treu und Glauben begründen (hier: Entfernung eines Stützpfeilers). Wahrscheinlichkeit und evtl. Umfang solcher Schäden sind von den Tatsacheninstanzen nachprüfbar festzustellen.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 4, 5 Nr. 2; FGG §§ 12, 27; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 08.03.2002; Aktenzeichen 14 T 9671/01) |
AG Erlangen (Aktenzeichen 10 UR II 60/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. März 2002 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 17.792,90 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Die Antragsteller erwarben ihre Wohnung vom Bauträger, als die Anlage noch im Bau war. Mit dem Eigentum an der Wohnung der Antragsteller ist das Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz in der Tiefgarage verbunden.
Der den Antragstellern zustehende Stellplatz ist jedoch nicht nutzbar, weil im Rahmen der Baufertigstellung mittig in der Einfahrt ein Stützpfeiler aus Stahlbeton angebracht wurde.
Der Verkäufer und Bauträger ist insolvent. Die Antragsteller verlangen von den Antragsgegnern die Herstellung eines den Bauplänen und der Teilungserklärung entsprechenden Zustands des Stellplatzes.
Die Hausverwaltung wandte sich deshalb an einen Architekten. Dieser teilte mit Schreiben vom 28.2.2001 mit, daß der Pfeiler entfernt werden müsse, um eine ungehinderte Zufahrt zum Stellplatz zu ermöglichen. Hierzu müßten neue Stützen und eine Unterfangung hergestellt werden. Eine überschlägige Kostenermittlung, die unter anderem eine statische Berechnung beinhalte, ergäbe einen Aufwand in Höhe von ca. 30.000 DM zuzüglich MWSt. Das Schreiben des Architekten an die Hausverwaltung endet mit folgendem Satz: „Es handelt sich bei dieser Maßnahme um einen erheblichen Eingriff in das Tragsystem des Gebäudes, so daß mit Setzungen gerechnet werden muß, die zu Rissen im Bereich der gesamten Wohnungstrennwand und der angrenzenden Wände führen.”
Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den Stellplatz nutzbar zu machen und den Antragstellern als Sondernutzungsberechtigten zu übergeben. Mit Beschluß vom 5.11.2001 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 8.3.2002 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Anspruch der Antragsteller gegen die Antragsgegner auf Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsgemäßen Zustands der Wohnanlage sei im vorliegenden Fall durch Treu und Glauben ausgeschlossen. Dabei bedürfe es keiner abschließenden Würdigung, ob der Wert des durch die Säule beeinträchtigten Stellplatzes in der Größenordnung des seinerzeit angesetzten Kaufpreisanteils von 19.500 DM anzusiedeln sei oder deutlich darüber liege. Nach dem Schreiben des Architekten sei mit Kosten inklusive Mehrwertsteuer in Höhe von 34.880 DM zu rechnen. Dabei handle es sich jedoch nur um den Primäraufwand. Nach dem Schreiben des Architekten müsse von vorneherein mit Setzungen gerechnet werden, die zu Rissen im Bereich der gesamten Wohnungstrennwand und der angrenzenden Wände führen würden. Diese für die Gemeinschaft unabsehbaren Folgen der begehrten Leistungen gäben letztlich den Ausschlag, die von den Antragstellern begehrten Maßnahmen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für unzumutbar zu halten. Das sei auch der Grund, weshalb sich die Antragsteller nicht darauf berufen könnten, daß die Gemeinschaft Sonderumlagen zur Finanzierung anderweitiger Fertigstellungsmaßnahmen beschlossen habe. Die Antragsteller würden selbst nicht behaupten, daß die mittels der Sonderumlage in Angriff zu nehmenden Fertigstellungsmaßnahmen mit ähnlich unabsehbaren und kostenträchtigen Risiken belastet wären wie die von den Antragstellern begehrte Säulenbeseitigung.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG die Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsgemäßen Zustands de...