Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung eines Eigentümers in das Grundbuch. Kostenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Gebührenbefreiung nach § 60 Abs. 4 KostO gilt nur für den Erben selbst, nicht auch für dessen Ehegatten, der – ausgelöst durch den Erbfall – seinerseits Eigentum nach § 1416 BGB erworben hat.

 

Normenkette

KostO § 16 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 28.03.1985; Aktenzeichen 1 T 21179/84)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts München I vom 28. März 1985 wird aufgehoben.

II. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 16. Oktober 1984 werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Eheleute. Mit Ehe- und Erbvertrag vom 16.7.1962 vereinbarten sie den Güterstand der Gütergemeinschaft; Vorbehaltsgut wurde nicht ausbedungen. Am 4.4.1984 beerbte die Beteiligte zu 1) als Nacherbin ihren Vater, der im Grundbuch von … als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 537 1/14 eingetragen war.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten am 17.7.1984 beim Amtsgericht, sie im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer in Gütergemeinschaft in das Grundbuch einzutragen. Die Eintragung wurde am 22.8.1984 vorgenommen.

2. Für die Eintragung der Beteiligten zu 1) wurden Gebühren nicht erhoben. Für die Eintragung des Beteiligten zu 2) hingegen setzte der Kostenbeamte in der Kostenrechnung vom 29.8.1984, zu Soll gestellt am 14.9.1984 unter KSB …, aus dem Grundstückswert von 765.308,– DM gemäß § 60 Abs. 2 KostO – neben einer weiteren Gebühr – eine halbe Gebühr in Höhe von 615,– DM und eine Katasterfortführungsgebühr von 184,50 DM an. Als Kostenschuldnerin wurde die Beteiligte zu 1) in Anspruch genommen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) erhoben Erinnerungen gegen den Kostenansatz. Sie machten geltend, daß auch die Eintragung des Beteiligten zu 2) unter die Gebührenbefreiungsvorschrift des § 60 Abs. 4 KostO falle; dem stehe nicht entgegen, daß der Beteiligte zu 2) Eigentümer nach § 1416 BGB geworden sei. Auch in diesem Fall liege es nämlich im öffentlichen Interesse, alsbald nach dem Erbfall die Berichtigung des Grundbuches herbeizuführen. Im übrigen sei – falls § 60 Abs. 4 KostO nicht anzuwenden wäre – nur der halbe Grundstückswert zugrundezulegen; dies ergebe sich aus § 61 KostO.

Der Rechtspfleger wies die Erinnerungen – nach Anhörung der Staatskasse – am 16.10.1984 zurück. Hiergegen legten die Beteiligten „Rechtsmittel” ein, die dem Landgericht als Beschwerden vorgelegt wurden.

Das Landgericht hob den Beschluß vom 16.10.1984 und die Kostenrechnung vom 29.8.1984 hinsichtlich der Eintragungs- und Katasterfortführungsgebühr auf; die weitere Beschwerde wurde zugelassen. In den Gründen der Entscheidung ist ausgeführt: Der Beteiligte zu 2) sei mit dem Erbfall Eigentümer nach § 1416 BGB geworden. Die Erhebung einer Gebühr für seine Eintragung im Grundbuch liefe dem Zweck des § 60 Abs. 4 KostO zuwider. Dabei könne dahinstehen, ob der Beteiligte zu 2) als der in Gütergemeinschaft lebende Ehegatte der Beteiligten zu 1) ein Interesse an der Verlautbarung seines Eigentums im Grundbuch habe. Maßgebend sei allein die Absicht des Gesetzgebers, Gebührenbefreiung nach § 60 Abs. 4 KostO zu gewähren, wenn der Erbe seine Eintragung in das Grundbuch innerhalb der Zweijahresfrist betreibe. Dies müsse entsprechend für den Fall einer kraft Gesetzes durch den Erbfall sich ändernden Eigentumslage gelten.

Gegen die landgerichtliche Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Staatskasse.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde (§ 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 KostO; § 4 Abs. 1 Nr. 6 b VertrV i.d.F. vom 8.2.1977 – GVBl. S. 88) hat Erfolg.

1. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft die Gebührenbefreiungsvorschrift des § 60 Abs. 4 KostO auf die Eintragung des Beteiligten zu 2) als Eigentümer angewandt.

a) Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht.

Nach dem insoweit eindeutigen gesetzlichen Wortlaut setzt die Gebührenbefreiung voraus, daß der neu einzutragende Eigentümer Erbe des eingetragenen Eigentümers ist. Dies trifft nur dann zu, wenn er unmittelbar auf Grund des Erbfalls und ohne vermittelnde Rechtsgeschäfte Eigentümer geworden ist (vgl. hiezu OLG Köln RdL 1968, 46; KG JurBüro 1972, 169; BayObLGZ 1975, 355/359; Rohs/Wedewer KostO 2. Aufl. § 60 Anm. IV a; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann – nachfolgend Korintenberg – KostO 10. Aufl. § 60 RdNr. 51).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Da das von der Beteiligten zu 1) geerbte Grundstück nicht Vorbehaltsgut nach § 1418 BGB war, erwarb der Beteiligte zu 2) (Gesamthands-)Eigentum nach § 1416 Abs. 1 und 2 BGB. Dabei kann offenbleiben, ob das Grundstück nach dieser Vorschrift unmittelbar Bestandteil des Gesamtgutes wurde oder ob es zunächst für eine „logische Sekunde” von der Beteiligten zu 1) erworben und dann auf das Gesamtgut übergeleitet wurde (vgl. hiezu Staudinger/Thiele BGB 12. Aufl. § 1416 RdNrn. 24 und 25). In beiden Fällen beruhte der Eigentumserwerb des Beteiligten zu 2) nicht un...

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