Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohngeldzahlung
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 1944/99) |
AG Mühldorf a. Inn (Aktenzeichen 1 UR 23/98) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 3. August 1999 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.254,69 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer einer von ihr verwalteten Anlage Wohngeldansprüche in Höhe von insgesamt 3.254,69 DM gegen den Antragsgegner geltend gemacht. Das Amtsgericht hat am 25.3.1999 den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet. Der Beschluß ist dem Antragsgegner laut Postzustellungsurkunde am 22.4.1999 durch Niederlegung bei der Post zugestellt worden. Der Antragsgegner hat am 17.5.1999 sofortige Beschwerde eingelegt. Auf Hinweis des Landgerichts, daß das Rechtsmittel verspätet sei, hat er mit Schreiben vom 20.6.1999 eine Ablichtung des zur vereinfachten Zustellung verwendeten Briefumschlags vorgelegt, auf dem der 2.7.1999 als Datum der Zustellung durch Niederlegung vermerkt ist.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 3.8.1999 die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Ausweislich der Postzustellungsurkunde sei der Beschluß des Amtsgerichts am 22.4.1999 durch Niederlegung mit Benachrichtigung des Antragsgegners zugestellt worden. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde sei daher am 6.5.1999 abgelaufen, das am 17.5.1999 eingegangene Rechtsmittel verspätet. Daran ändere es nichts, daß dem Vorbringen des Antragsgegners zufolge auf dem Umschlag, der den zugestellten Beschluß enthielt, der 2.7.1999 als Zeitpunkt der Zustellung vermerkt sei. Offensichtlich handle es sich um eine fehlerhafte Stempelung; für den Antragsgegner sei dies auch erkennbar gewesen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts ist nicht versäumt; sie ist gar nicht in Lauf gesetzt worden.
a) Gegen Entscheidungen des Amtsgerichts in Wohnungseigentumssachen findet das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung der Entscheidung einzulegen ist (§ 22 Abs. 1 FGG, § 45 Abs. 1 WEG). Die Bekanntmachung erfolgt durch förmliche Zustellung, für die die Vorschriften der Zivilprozeßordnung gelten (§ 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FGG). Hier ist die Zustellung im Weg der Niederlegung bei der Post (§§ 208, 182 ZPO) vorgenommen worden.
b) Der Beschluß des Amtsgerichts ist nicht formrichtig zugestellt worden. Der Postbedienstete hat entsprechend §§ 208, 195 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Zustellungsurkunde (§ 190 Abs. 1 ZPO) aufgenommen, die als Datum der Zustellung (§ 191 Nr. 1 ZPO) den 22.4.1999 angibt. Demgegenüber nennt der gemäß § 212 Abs. 1, § 195 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf der zugestellten Sendung angebrachte Vermerk des Postbediensteten den 2.7.1999 als Tag der Zustellung durch Niederlegung. Daß dies unrichtig ist, ergibt sich aus dem Umstand, daß der Antragsgegner das niedergelegte Schriftstück bereits am 20.6.1999 in Händen hatte, denn er hat an diesem Tag eine Ablichtung des Umschlags beim Landgericht vorgelegt.
(1) Fehlt bei einer förmlichen Zustellung der Vermerk des Postbediensteten über den Tag der Zustellung auf dem Briefumschlag, so werden die in § 187 Satz 2 ZPO bezeichneten und die diesen gleichgestellten Fristen nicht in Lauf gesetzt (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes BGHZ 67, 355/357 f. = NJW 1977, 621). Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist diese Vorschrift entsprechend anwendbar, soweit durch die Bekanntmachung der Lauf einer gesetzlichen Frist, hier der Rechtsmittelfrist des § 22 Abs. 1 FGG, in Lauf gesetzt werden soll (BayObLG ZMR 1994, 578 = WE 1995, 245 m.w.N.; Keidel/Schmidt FGG 14. Aufl. § 16 Rn. 52).
(2) Das gleiche gilt, wenn der Vermerk des Postbediensteten den Tag der Zustellung unrichtig wiedergibt (Stein/Jonas/Roth ZPO 20. Aufl. § 195 Rn. 5). Der Vermerk ersetzt die Übergabe einer Abschrift der Zustellungsurkunde. Er dient dem Empfänger als Beleg für den Zeitpunkt der Zustellung, wie sich aus den Hinweisen auf der Rückseite des bei der vereinfachten Zustellung verwendeten Umschlags ergibt. Er dient ihm außerdem zu der für die Fristberechnung wesentlichen Unterrichtung über den Fristbeginn (OLG Köln NJW-RR 1994, 445). Ein fehlerhafter Zustellungsvermerk ist daher nicht geeignet, die Rechtsmittelfrist in Lauf zu setzen.
3. Das Rechtsmittel des Antragsgegners führt dah...