Leitsatz (amtlich)
1. Für den gegen eine Staatsanwaltschaft gerichteten Anspruch auf Auskunft über in Dateisystemen im Sinne von §§ 483, 486 StPO gespeicherte Daten nach § 491 Abs. 2 StPO ist der Rechtsweg nach § 23 EGGVG eröffnet. Die Verweigerung einer Auskunft nach § 491 Abs. 2 StPO i.V.m. § 57 BDSG ist einer gerichtlichen Überprüfung nicht entzogen.
2. Teilt der Antragsteller im Laufe des Verfahrens mit, dass die begehrte Auskunft vollständig erteilt sei und der Antrag für erledigt erklärt werde, ist nur noch über die Frage der Kostenerstattung zu befinden.
3. Die Anordnung der Kostenerstattung nach § 30 S. 1 EGGVG bedarf einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall, etwa wenn der Justizbehörde ein offensichtlich oder grob fehlerhaftes oder gar willkürliches Verhalten zur Last zu legen ist.
Normenkette
EGGVG §§ 23, 30 S. 1; StPO § 491 Abs. 2; BDSG § 57
Tenor
- Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.
- Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aus der Staatskasse wird nicht angeordnet.
Gründe
I.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. Mai 2023 hat der Antragsteller beantragt, die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Passau anzuweisen, dem Antragsteller die von diesem mit einer dem Antrag als Ausdruck beigefügten E-Mail vom 12. Januar 2023 beantragte Auskunft zur Speicherung seiner personenbezogenen Daten unter Aufschlüsselung des Grunds der Verknüpfung (Anzeigeerstatter, "BES", Zeuge, Geschädigter, Straftatbestand) und Angabe der voraussichtlichen Speicherdauer nach § 491 Abs. 2 StPO i.V.m. § 57 BDSG zu erteilen. Mit Schreiben vom 22. Mai 2023 hat der Antragsteller dem Senat mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin am 16. Mai 2023 die beantragte Auskunft erteilt habe, die Erledigung der Hauptsache erklärt und die Erstattung der außergerichtlichen Kosten beantragt. Die Generalstaatsanwaltschaft München ist der Erledigterklärung nicht entgegengetreten. Sie hat beantragt, den Antrag auf Auferlegung der Kosten an die Staatskasse zu verwerfen, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen. Der Antrag nach § 23 EGGVG erweise sich mangels Durchführung eines Vorschaltverfahrens als unzulässig. Die Auskunft eines Beschuldigten über den Akteninhalt sei vorrangig in § 147 Abs. 4 StPO geregelt. Der Antragsteller hätte vor einer Anrufung des Gerichts den Beschwerdeweg nach §§ 304 ff. StPO wählen müssen. Der Antragsteller hat darauf repliziert und zum Rechtsgrund der Auskunft und zur Erledigung ausgeführt.
II.
1. Der Rechtsweg nach § 23 Abs. 1 und 2 EGGVG war für das ursprüngliche Begehren des Antragstellers eröffnet.
a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten unter anderem auf dem Gebiet der Strafrechtspflege getroffen werden, auf Antrag die ordentlichen Gerichte; nach Abs. 2 der Regelung kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch die Verpflichtung der Justiz- oder Vollzugsbehörde zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden.
b) Für die Anwendung der speziellen Rechtswegbestimmung des § 23 Abs. 1 EGGVG und die Abgrenzung zu § 40 VwGO auf dem Gebiet der Strafrechtspflege ist allein maßgebend, ob die beanstandete Maßnahme funktional der Verfolgung strafbarer Handlungen dient (Senat, Beschluss vom 20. Juli 2022 - 203 VAs 139/22 -, juris Rn. 10 m.w.N.). Aufgrund der - im Vergleich zur Verwaltungsgerichtsbarkeit größeren - Sachnähe der ordentlichen Gerichte wird diesen die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der auf den in § 23 Abs. 1 Satz 1 genannten Gebieten ergangenen sogenannten Justizverwaltungsakte zugewiesen (vgl. Gerson in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., Vorbemerkungen zu §§ 23 ff. EGGVG Rn. 1).
c) Der Senat versteht den Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung dahin gehend, dass er auf die Erteilung einer bei der Staatsanwaltschaft erfolglos beantragten Auskunft über seine in Dateisystemen im Sinne von §§ 483, 486 StPO gespeicherten Daten ("Verknüpfung") nach § 491 Abs. 2 StPO gerichtet ist.
d) Bei der Erteilung wie auch bei der Ablehnung einer Auskunft zu den in staatsanwaltschaftlichen Registern gespeicherten Daten handelt es sich um eine Maßnahme, die die Staatsanwaltschaft als Justizbehörde zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf dem Gebiet der Strafrechtspflege trifft, und die keine - unanfechtbare - Prozesshandlung darstellt. Der Antrag hat einen in der Strafprozessordnung - über eine Verweisung auf das Bundesdatenschutzgesetz (BSDG) - gesetzlich normierten Auskunftsanspruch eines von der Speicherung der Daten Betroffenen zum Gegenstand. Die beantragte Amtshandlung der Staatsanwaltschaft ist mit Blick auf den Prüfungsmaßstab für die Auskunftserteilung und ihre möglichen Folgen nicht dem Verwaltungshandeln, sondern dem Gebiet der Strafrechtspflege zuzuordnen (vgl. zum Löschungsanspruch OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. Dezember 2022 - 3 VAs...