Leitsatz (amtlich)
1. Für den der Gesellschaft bürgerlichen Rechts beitretenden Gesellschafter kann eine Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag bzw. eine Schiedsabrede nur dann Wirksamkeit entfalten, wenn eine dem Gesetz entsprechende formgerechte Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern vorliegt; lediglich in Fallkonstellationen, in denen der Eintretende im Wege der Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge oder durch Ausübung eines rechtsgeschäftlichen Eintrittsrechts die Position eines anderen Gesellschafters übernimmt, bindet eine bestehende, rechtswirksam begründete Schiedsvereinbarung den neuen Gesellschafter, ohne dass es eines gesonderten Beitritts zum Schiedsvertrag in der Form des § 1031 ZPO bedarf.
2. Im Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig für das wirksame Zustandekommen einer formgültigen Schiedsvereinbarung, der sich darauf beruft. Verbleibende Zweifel gehen - unabhängig von den jeweiligen Parteirollen - zu Lasten derjenigen Partei, die einen wirksamen Abschluss behauptet.
Normenkette
ZPO §§ 1031, 1032 Abs. 2
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für eine Klage der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung der Nichtigkeit folgender Gesellschafterbeschlüsse unzulässig ist:
1. Beschluss zur Änderung der Transportabwicklung der L. GbR (Beschlussantrag gemäß Stimmzettel vom 30. Juni 2020):
Der Änderung der Transportabwicklung der L. GbR wird zugestimmt. Ab der Kampagne 2020 soll der Zuckerrübentransport zur Fabrik nicht mehr auf eigene Rechnung des Mitglieds der GbR erfolgen, sondern direkt durch Auftragsabwicklung zwischen S. und Transportgemeinschaft durchgeführt werden (gewerblicher Rübentransport). Die Vorstandschaft der L. GbR wird beauftragt, die notwendigen Umstellungsmaßnahmen vorzunehmen und diese werden anerkannt.
2. Beschluss zur Änderung des "Gesellschaftsvertrages 2010" der L. GbR (Beschlussantrag gemäß Stimmzettel vom 11. August 2020):
Der Gesellschaftsvertrag 2010 wird geändert. Es gilt fortan der Gesellschaftsvertrag in der Version 08/2020.
II. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für eine Feststellungsklage der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin mit folgendem Inhalt unzulässig ist:
1. Es wird festgestellt, dass die Geschäftsführung der Antragsgegnerin, also der erste, zweite und dritte Vorstand, nicht berechtigt waren, einen Treuhandvertrag mit dem Treuhänder J. W. hinsichtlich der Kommanditbeteiligung der Antragsgegnerin an der L. GmbH & Co. KG (Amtsgericht R., HRA ...) abzuschließen.
2. Es wird festgestellt, dass die Geschäftsführung der Antragsgegnerin, also der erste, zweite und dritte Vorstand, nicht berechtigt waren, Teile des Geschäftsbetriebs der Antragsgegnerin auf die L. GmbH & Co. KG auszugliedern und in Vertretung der Antragsgegnerin Verträge mit der L. GmbH & Co. KG abzuschließen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Beirats der Antragsgegnerin vom 10. September 2020 über eine Einlagepflicht der Gesellschafter der Antragsgegnerin in Höhe von 1,00 EUR je Tonne Basisrübenmenge unwirksam ist und eine Einlageverpflichtung der Antragsteller nicht besteht.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller sind Landwirte und Gesellschafter der Antragsgegnerin, einer in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisierten landwirtschaftlichen Maschinengemeinschaft mit derzeit ca. 600 Gesellschaftern. Die im Jahr 1983 oder 1989 als "L. GdbR" gegründete Antragsgegnerin erledigt für ihre Gesellschafter den Transport von Zuckerrüben von der Anbaufläche zu den Zuckerfabriken.
Die Antragsteller halten eine im Gesellschaftsvertrag vom 1. Juni 2004 (in der Fassung gemäß Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. Juni 2010) enthaltene Schiedsklausel für unwirksam und begehren die Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens für bestimmte, von ihnen beabsichtigte Streitigkeiten.
Hintergrund der Streitigkeiten sind Umstrukturierungsmaßnahmen des ersten Vorstands der Antragsgegnerin, die die Antragsteller ablehnen, sowie nach Ansicht der Antragsteller unwirksame Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung, die mit Hilfe von "Stimmzetteln" vom 30. Juni 2020 und 11. August 2020 in einem schriftlichen Umlaufverfahren erfolgt sind.
Der Antragsteller zu 8) ist der Gesellschaft am 28. Februar 1993 beigetreten; nähere Umstände zum Gesellschafterbeitritt der übrigen Antragsteller haben die Parteien nicht vorgetragen. Grundlage des Beitritts des Antragstellers zu 8) ist folgende, von ihm handschriftlich unterzeichnete Erklärung, die er an die Antragsgegnerin übersandt hat:
"Erklärung zur Mitgliedschaft bei der
l. GdbR
1. Hiermit erkläre ich den Eintritt in die oben aufgeführte Gesellschaft. Von der Gesellschaft wurden mir folgende Verträge ausgehändigt:
Gesellschaftsvertrag
Schiedsvertrag
Rahmenmietvertrag
Vereinbarung über ein Treuhandkonto
Ich bin über den Inhalt diese...