Leitsatz (amtlich)

Der Ausfall des den Krankenkassen zustehenden Anteils an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nach § 183 Abs. 1 i.V.m. § 208 Abs. 1 SGB III bei Annahme des Schuldenbereinigungsplans kann im Einzelfall zu einer wirtschaftlichen Schlechterstellung des anspruchsberechtigten Gläubigers führen und deshalb der gerichtlichen Ersetzung durch Zustimmung entgegenstehen.

 

Normenkette

InsO § 309 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; SGB III § 183 Abs. 1, § 208 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 14 T 8357/01)

AG München (Aktenzeichen 1502 IN 2/00)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 10. Juli 2001 wird als unzulässig verworfen.

II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht lehnte mit Beschluß vom 5.4.2001 den Antrag des Schuldners ab, die Einwendungen der Gläubigerinnen AOK und Betriebskrankenkasse gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine gerichtliche Zustimmung zu ersetzen. Über die Begründung für die abgelehnte Ersetzung der Zustimmung hinaus ist in den Gründen noch ausgeführt, daß ein zuletzt erneut abgeänderter Schuldenbereinigungsplan des Schuldners, der den Einwendungen der beiden Gläubigerinnen Rechnung trägt, u. a. deshalb nicht mehr in das Schuldenbereinigungsverfahren einbezogen werde, weil dies zu einer nicht mehr vertretbaren Verfahrensverzögerung führen würde.

Gegen den am 23.4.2001 zugestellten Beschluß des Amtsgerichts legte der Schuldner am 30.4.2001 sofortige Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf.

Das Landgericht wies mit Beschluß vom 10.7.2001 die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück. Nach Auffassung des Landgerichts hat das Amtsgericht zu Recht gemäß § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO die gerichtliche Zustimmung verweigert, weil beide Gläubigerinnen durch den Schuldenbereinigungsplan schlechter gestellt werden würden als sie bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung von Restschuldbefreiung stünden. Bei Vorliegen eines Insolvenzereignisses i. S. von § 183 Abs. 1 SGB III hätten die Gläubigerinnen ein Insolvenzgeld beanspruchen können, das höher als die vom Schuldner angebotene Quote sei. Die Zahlung des Insolvenzgeldes liege im öffentlichen Interesse. Soweit der Beschwerdeführer in einem Hilfsantrag beantrage, den Beschluß des Amtsgerichts München aufzuheben und den geänderten Schuldenbereinigungsplan (in dem die Einwendungen der beiden Gläubigerinnen berücksichtigt worden seien) zuzustellen, richte sich die Beschwerde gegen die in den Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung abgelehnte Einbeziehung des zuletzt angebotenen, geänderten Schuldenbereinigungsplans. Gegen diese Ermessensentscheidung sei ein Rechtsmittel nicht statthaft.

Gegen den am 19.7.2001 zugestellten Beschluß wendet sich der Schuldner mit der am 2.8.2001 bei Gericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde, mit der er u. a. geltend macht, man solle entweder § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO dahin auslegen, daß potentielle Insolvenzgelder von Gläubigern bei Prüfung der wirtschaftlichen Schlechterstellung nicht zu berücksichtigen seien, oder § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO dahin verstehen, daß eine quotenmäßige Besserstellung von Gläubigern mit Insolvenzgeldansprüchen nicht als unangemessene Beteiligung der übrigen Gläubiger, die nicht insolvenzgeldberechtigt seien, angesehen werde. Soweit das Gericht es ablehne, den zuletzt geänderten, den Gläubigern nicht zugestellten Schuldenbereinigungsplan vom 29.3.2001 zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen, müsse die darin liegende Verletzung des § 307 Abs. 3 InsO im Wege einer außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit angefochten werden können.

Der Beschwerdeführer stellt folgende Anträge:

  1. Der Beschluss des Landgerichts vom 10.07.2001 wird aufgehoben und die Zustimmungen der Gläubiger AOK und Betriebskrankenkasse ersetzt.
  2. Hilfsweise wird beantragt, den Beschluss des Landgerichts aufzuheben und über die Annahme des geänderten Schuldenbereinigungsplans vom 29.03.01 – hilfsweise nach erneuter Zustellung – durch das Insolvenzverfahren zu entscheiden.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO i.V.m. § 9 Abs. 2 GZVJu n.F. zuständig.

2. Der Senat läßt die sofortige weitere Beschwerde nicht zu.

a) Die sofortige weitere Beschwerde ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO nur zuzulassen, wenn sie darauf gestützt wird, daß die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, und wenn die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Vorliegend ist bereits die letztgenannte Voraussetzung nicht erfüllt.

Die Nachprüfung der Beschwerdeentscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann geboten, wenn die ernsthafte Gefahr von divergierenden insolvenzrechtlichen Entscheidungen besteht. Dies kann im Anwendungsbereich des neuen Insolvenzrechts auch ohne eine bereits vorliegende obergerichtliche Rechtsprechun...

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